|
Arbeitskreis "Unser Dorf liest"Kolumnen - Archiv 2023 |
|
Wie klingt Zeit?
„Klang der Zeit“ nannte Richard Powers (Wikipedia) sein epochendurchdringendes Buch zur Musikgeschichte. Dabei umspannte er mit seiner Liebesgeschichte zwischen einem emigrierten Juden und einer afroamerikanischen Sängerin die dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts bis in die neue Zeit. Auch unsere
Lesung am 3.Oktober 2023 ab 15 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus Bordenau aus dem Buch von
Florian Illies (Wikipedia) „Liebe in Zeiten des Hasses“ versucht die Chronik eines Gefühls der dreißiger Jahre einzufangen. Und eben nicht nur literarisch, sondern auch musikalisch. Dafür haben wir die Musiker Pia Hagemann (Flöte), Carola Faber (Cello) und Andreas Hagemann (Gitarre, Gesang) gewinnen können. Wie schon in den letzten Jahrzehnten haben diese Musiker bei uns mitgestaltet, und wieder hat Andreas Hagemann einiges zum Klang der Zeit arrangiert. So kommt Marlene Dietrichs „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ von Friedrich Hollaender aus dem Film „Der blaue Engel“ fast leitmotivisch daher und steigert sich noch in „Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre“ aus dem Film „Stürme der Leidenschaft“. So wird versucht, die Stimmung der ausgehenden Zwanziger Jahre zwischen libidinöser Freizügigkeit und dem Ringen um wahre Treue auszudrücken. Mit dem Jahr 1933 ändert sich dann auch musikalisch einiges: Heimat, Heil und Heide nehmen wieder zu, und mit Herms Niels „Erika“ , auch bekannt unter seinem Liedanfang „Auf der Heide blüht ein kleines Blümelein“ auf den Lippen, marschierten junge Menschen gegen die Völker der Welt. Zwischendrin dann immer wieder rein musikalische Kompositionen, besonders von Curt Weill, der Deutschland verlassen musste. Das wiederum passt gut zum abschließenden Teil der Lesung, der mit Kompositionen von Michael Jary und Bruno Balz „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n“ und „Davon geht die Welt nicht unter“ endet.
„Beides erweist sich als unzutreffend“, so schließt Florian Illies sein historisches Panorama.
Geschichte in unsere Gegenwart bringen!
„Bordenau - unser Dorf liest“ am 3.Oktober 2023 aus dem Buch von
Florian Illies „Liebe in Zeiten des Hasses: Chronik eines Gefühls 1929–1939“, ab 15 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus Bordenau. Florian Illies , 1971 in Schlitz geboren, ist ein deutscher Autor, Journalist und Kunsthistoriker. Bekannt wurde er besonders durch seinen Bestseller „Generation Golf“ (2000), in dem er ein kritisches Bild seiner eigenen, um 1970 geborenen Generation entwarf. 2012 gelang Illies sein bislang größter Bestseller: „1913: Der Sommer des Jahrhunderts“. Es war im Jahre 2012 das meistverkaufte Sachbuch Deutschlands, stand mehr als siebzig Wochen auf der Bestsellerliste und wurde bislang in 28 Sprachen übersetzt. Und auch „Bordenau liest“ hat 2013 Ausschnitte aus dem Buch vorgetragen.
Florian Illies verwandelt in seinen Büchern vergangene Epochen in lebendige Gegenwart und begründet damit ein neues Genre der erzählenden Geschichtsschreibung. Immer wieder zieht er verblüffende Querverbindungen und verknüpft elegant Szenen und Momentaufnahmen zu mitreißenden Panoramen der Zeitgeschichte. Das braucht nicht alles so genau zu stimmen, und oft rettet sich der Autor in Andeutungen: Bertolt Brecht „blickt selbstzufrieden auf den Gipsabdruck des eigenen Gesichtes, den er auf seinem Schreibtisch postiert hat. Wer so um sich kreist, dem droht eigentlich ein Schleudertrauma.“
Wir versuchen bei unserer Lesung den Begriff der Liebe dieser Zeit zu verdeutlichen, um uns mit der „Radikalität des Herzens“ den kälter werdenden Zeiten entgegenzustellen. Und das gilt heute wie damals und erst recht für den deutschen Feiertag. Über die Musikstücke zur Lesung erfahren Sie hier in der nächsten Woche etwas.
Lesungen allenthalben!
Am Samstagvormittag, dem 9. September, stellt der Hildesheimer Autor
Albrecht Göstemeyer sein neues Buch vor: „Das Fenster zur Unendlichkeit“. Seine Handlung ist in Berlin und Indien angesiedelt. Er beschreibt die Beziehung von Paul, einem Mann mittleren Alters, zu Leela, einer älteren Frau, deren Vater aus Indien stammt. Ihre Vergangenheit und Herkunft ist von vielen Geheimnissen umgeben, von denen er sich angezogen fühlt, Der Autor hat schon ein tolles Buch über das Riedhaus in Bordenau geschrieben, wo er auch einen Teil seiner Jugend verbrachte.
Am Sonntag liest der Bordenauer Vorleser Martin Drebs im Schloss Landestrost im Rahmen des Regionsentdeckertages lustige Geschichten zum Thema Reisen vor. Da geht es natürlich mit den Ringelnatz ´Ameisen auf Weltreise, wir lauschen einer Erzählung von Hermann Löns über die Geestkante am Leinetal, hören Tobias Kunzes herrliche Beschreibung des Steinhuder Meeres und begleiten Eugen Roths Versuch, zwischen all den Reiseprospekten dennoch zu Hause zu bleiben! Um 14.30 Uhr und 15.30 Uhr.
Eine frühherbstliche Lesung mit Johanna Korte findet am Montag, 11. September 2023 um 14.45 Uhr in der Dorfwerkstatt Bordenau, Birkenweg 3a, statt. Es werden kurze Texte und zartbunte Gedichte zur Jahreszeit gelesen. Weiterhin erleben Sie den zweiten Teil der Biografie des Künstlerpaares Frédéric Chopin und George Sand. Es wird spannend auf der Fahrt nach Mallorca und dramatisch im Winter in Valldemossa. Hier ist eine Anmeldung erbeten.
Also Lesungen allenthalben! Zwischen all den anderen schönen Angeboten! Und der jeweilige Eintritt ist frei!
Chronik eines Gefühls!
„Bordenau - unser Dorf liest“ am 3.Oktober 2023 aus dem Buch von
Florian Illies „Liebe in Zeiten des Hasses: Chronik eines Gefühls 1929–1939“, ab 15 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus Bordenau - kombiniert mit Gedichten und Originalzitaten der ausgewählten Künstler, Sportler und Politiker unter anderem Mascha Kaleko, Marlene Dietrich, Bertolt Brecht und Erich Maria Remarque, aber auch Konrad Adenauer und Gottfried von Cramm.
In einem virtuosen Epochengemälde erweckt Florian Illies die dreißiger Jahre, dieses Jahrzehnt berstender politischer und kultureller Spannungen, zum Leben.
1933 enden die »Goldenen Zwanziger« mit einer Vollbremsung. Florian Illies führt uns zurück in die Epoche einer politischen Katastrophe, um von bekannten Liebespaaren der Kulturgeschichte zu erzählen: In Berlin, Paris, im Tessin und an der Riviera stemmen sich die großen „Geister“ der Zeit gegen den drohenden Untergang. Eine mitreißend erzählte Reise in die Vergangenheit, die sich wie ein Kommentar zu unserer verunsicherten Gegenwart liest: Liebe in Zeiten des Hasses.
"Niemand hofft 1929 noch auf die Zukunft. Und niemand will an die Vergangenheit erinnert werden. Darum sind alle so hemmungslos der Gegenwart verfallen", schreibt Illies.
Das Trio Hagemann/Faber hat sich bereiterklärt, mit ausgewählten Musikstücken zum Gelingen der Chronik beizutragen; dabei ergeben sich im Buch die drei Teile vor, während und nach 1933. So soll die Lebensfreude beziehungsweise der Lebenshunger der Zwanziger Jahre eingefangen werden, die martialischen Klänge des Übergangs und die "unheimliche Heimatlichkeit" der Dreißiger Jahre dargestellt werden; denn davon geht die Welt nicht unter. Oder doch?
Bordenau genießt französisch!
Französische Wochen in Bordenau? Nicht ganz,
denn die Spezialitäten, die in den nächsten Wochen im Gemeindegarten in
Bordenau angeboten werden, haben ihren Ursprung in der Bretagne: Crêpes und
Galettes! Nachdem es seinerzeit den Handballer Eduard nach Bordenau
verschlagen hatte, und Neustadt seit Jahrzehnten eine Städtepartnerschaft
mit La Ferté-Macé mit deutsch- französischer Freundschaft lebt, während der
berühmte Karikaturist Jean Bernard Roussel aus Amiens unsere Artikel zur
Gemeinwohlökonomie in der Neustädter Zeitung begleitet, hat es nun seit drei
Jahren den gelernten Maschinenbauer Etienne Le Boulanger mit seiner Familie
nach Bordenau verschlagen. Wie kommt er denn auf Bordenau? „Meine Frau
arbeitete in Nienburg, ich in Hannover, da liegt Bordenau ideal dazwischen.
Und die beiden kleinen Kinder haben hier auch mehr von der Natur“, so
Etienne. Und seit vielen Jahren bietet er die traditionelle bretonische
Spezialität der Crêpes und Galettes im privaten Kreis an. Letztere sind
herzhafte dünne Pfannekuchen aus Buchweizenmehl, liebevoll angerührt nur mit
Wasser und Salz aus der Gérande, garniert mit Lachs und Emmentaler, Ei,
Kochschinken und Ziegenkäse. „Ich biete gerne die herzhafte Mittagsküche an
und beginne deshalb auch schon um 12.00 Uhr mittags“. Und das in den
nächsten Wochen jeweils von Dienstag bis Freitag. Die genauen Öffnungszeiten
finden Sie auf www.Bordenau.de. Angeboten werden verschiedene typische Cidre aus der Bretagne in
geschmacklichen Varianten, alkoholfreie sowie heiße Getränke. Es gibt
flambierte Crêpes und jede Menge süße Lösungen mit hausgemachter Schokolade
– auf überdachten Sitzgelegenheiten. Für das kulturelle Begleitprogramm
sucht Etienne noch interessierte Hobbymusiker, die gerne was
Appetitanregendes spielen möchten. Und vielleicht gibt es noch Sprachkurse,
und „Bordenau liest“ stellt französische Autoren vor. Etienne war dieser
Tage schon beim Filmfestival am Balneon, am heutigen Samstag startet er auch
beim Parkbeben in Poggenhagen und die Bordenauer kennen ihn schon vom Kunst-
und Handwerkermarkt. Jetzt bitten wir um reichlich Appetit, denn so beginnt
vielleicht wieder eine qualitative Gastronomie in Bordenau Fuß zu fassen.
Durch alle Masken hindurch!
In unserem Fortsetzungsroman „LEBENSABEND MIT GOLDRAND oder die zweite Erfindung des Glücks“, letzter Teil, springen wir ans Ende des Romans. Es ist Februar und in der Seniorenresidenz „Kometenschweif“ - am Rhein gelegen - tobt der Karneval. Zeit also, sich durch alle Masken hindurch zu erkennen. Und so schreibt Paul – in dem Briefwechsel ohne Namen – einen letzten Brief an seine märchenhafte Briefpartnerin: „Meine liebe Freundin! Ihr wart also dereinst Prinzessin und Scheherazade, und seid nun gealtert, ich glaube auch, wir haben die tausendste Nacht hinter uns. Du hast alles erzählt, um dein Leben zu retten. Demnächst muss ich entscheiden, dich zu töten. Und ich freue mich schon auf meine Entscheidung, denn sie lautet: ich will, dass du lebst, aber nicht irgendwie, sondern mit mir, deinem einzigen König. Lass uns das märchenhafte Versteckspiel durchbrechen, bei der Zeitung SENIORENBLICK wundert man sich auch schon, dass wir zwei übers Jahr immer nur Briefe hin und her schicken. Lass uns die märchenhafte Anonymität durchbrechen und uns endlich sehen, wo wir schon so viel voneinander erkannt haben. Ich will der Alten, der Närrin, der Zauberin begegnen beim Fastnachtsball. Du wirst mich an den Federn erkennen. Ich werde den SENIORENBLICK unterm Flügel haben, letzte Ausgabe, die mit dem Sternenhimmel drauf. Ich freue mich, dich durch alle Masken hindurch endlich in den Blick zu bekommen. Dein Seher!“
Und sie werden sich erkennen, „so wie sie erkannt sind“. Paul und Agnes begegnen sich im Laufe des Romans also auf vier verschiedenen Ebenen: Im doppelten Briefwechsel, wobei der eine Briefwechsel trotz märchenhafter Wahrheiten noch lange deren Beider Identität verschleiert, im „Café Kontakt“ und schließlich in Echt! So haben sie ihr zweites Glück gleich mehrfach neu erfunden. Hand in Hand - und als Narren verkleidet - verlassen sie die Seniorenresidenz in ein neues gemeinsames Leben.
Das Buch gibt es übrigens in der Bücherbude Bordenau in der Holunder-Apotheke!
Jetzt geht´s ins „Café Kontakt!“
In unserem Fortsetzungsroman „LEBENSABEND MIT GOLDRAND oder die zweite Erfindung des Glücks“, Teil 3, geht´s jetzt ins „Café Kontakt!“. Das ist das Angebot, das der Pfleger Markus den Bewohnern der Seniorenresidenz „Kometenschweif“ macht, nachdem er sie deren eigene Profile hat schreiben lassen und sie jetzt zu „idealen“ Paaren kombiniert und einlädt, sich kennenzulernen. Bei diesen Bemühungen für sein eigenes Buch über das Alter ist er auf die mögliche Paarung Agnes und Paul gekommen, die sich aber schon selbst vorher angefreundet haben, für Markus aber noch mal so tun müssen, als lernten sie sich gerade kennen. Kurios, nicht!
„Paul sah Agnes schon an dem kleinen, runden Tisch sitzen; sie schien ein wenig konzentriert in sich gekehrt und hatte den Blick gesenkt. Paul brachte einen kleinen Blumenstrauß aus drei Rosen mit und trat an den Tisch. „Das ist aber eine Überraschung, gnädige Frau, Sie in diesem wunderschönen Ambiente wiederzusehen.“ Er zwinkerte ihr zu. Agnes nahm den gespielt distanziert gespielten Faden auf: „Wir haben uns bisher nur von weitem gesehen und nun freue ich mich, Sie nah und näher zu bekommen.“ Dabei grinste sie und deutete blickweis hinüber in Richtung Markus, der, ebenfalls lächelnd, wenn auch etwas linkisch, an der Theke hantierte. Paul setzte sich strahlend auf und fädelte weiter: „Je ferner wir begannen, äh, begännen, nein, beginnen, desto näher können wir uns kommen.“ Agnes: „Ach, was!“ Paul weiter: „Ja, und ich bin hier in dieser Residenz, die von sich behauptet, „Natürlich leben, würdig sterben“, doch endlich auf Sie getroffen, von der mir mein Horoskop schon seit Jahrzehnten vorschwärmt.“ Etwas gekünstelt legt sich Agnes ins Zeug:“ Ach ja, natürlich, jetzt erkenne ich meine wahre Bestimmung, mir wurde auch ein Prinz versprochen, der sich herrlich um mich kümmern würde!“ Paul stutzte, wieso kamen jetzt diese Märchenelemente ins Spiel?“
Paul weiß eben auch noch nicht alles, dass nämlich seine ihm längst bekannte Agnes auch die unbekannte Märchenschreiberin ist! Wird sich das ganze Geheimnis im letzten Kapitel lösen.
Lesen Sie letzte klärende Fortsetzung hier in der nächsten Woche!
Der Goldrand-Lebensabend geht weiter!
Sie lesen hier den zweiten Teil des Fortsetzungsromans „LEBENSABEND MIT GOLDRAND oder die zweite Erfindung des Glücks“ der Bordenauer Schreibwerkstatt.
Was bisher geschah: Agnes war in der Seniorenresidenz „Kometenschweif“ angekommen und hatte „brav“ ihren fliederfarbenen Fragebogen und ihre sogenannte Kontaktanzeige für den Pfleger Markus und sein „Cafe Kontakt“ ausgefüllt. Und aus Freude über den gelungenen Text gibt sie die Anzeige auch noch selbst in der Zeitung SENIORENBLICK auf.
Und darauf antwortet ihr – ohne, dass sie das weiß - wieder der gleiche Mann, mit dem sie schon den ersten Briefwechsel auf dessen Anzeige hin geführt hatte und dann beendete, weil sie in Echt in der Seniorenresidenz jemand kennengelernt hatte, der eben all diese Männer ist, ohne dass es den Beteiligten jetzt schon klar wäre.
Der zweite, weiterhin anonyme und märchenhafte Briefwechsel zieht sich nun durchs ganze Jahr, bis die beiden Schreiberlinge sich im Februar im Karneval an ihren angekündigten Kostümen erkennen wollen. So beginnt Agnes zu schreiben, und wir spüren schon heraus, um welches Ambiente es sich da handelt, nämlich die Seniorenresidenz selbst: „Sie schreiben da etwas von einem großzügigen Ambiente. Ist das jetzt eine Über- oder Untertreibung? Ich vermute mal Untertreibung und stelle mir vor, Sie lebten auf einem richtigen Schloss als Märchenprinz oder schon als König, dann müssten Sie doch weiser sein als Sie glauben, denn ein Lebensabend mit Goldrand, das hat schon etwas Märchenhaftes, das Gold, das Edelmetall, dem alle Welt zustrebt, weil es inneren und äußeren Reichtum signalisiert. Ich sehe mich mehr als Magd, die unten in der Küche arbeitet, und den König, dessen Frau seit Langem verstorben ist, nur ab und zu Gesicht bekommt, mal kurz vor dem Ausritt zur Jagd, mal wenn ich das Essen darreichen darf, mal durch die Rosen, wo er so allein und bedrückt zur Kirche geht…Haben Sie mir was zu erzählen, mein nie zu erreichender Märchenprinz? Dafür habe ich ja bei dieser Zeitung eine Poststation unter Chiffre anlegen lassen, aber die kennen Sie ja schon. Mit märchenhaften Grüßen, Ihre Magd“. Und er wird antworten, wenn auch in verklausulierter Märchensprache!
Fortsetzung folgt hier in der nächsten Woche!
Lesen Sie bloß weiter!
Das gab´s auch noch nicht: einen Fortsetzungsroman in der Neustädter Zeitung! An diesem und den drei noch folgenden Samstagen bieten wir köstliches Lesevergnügen in vier Teilen aus dem Roman der Bordenauer Schreibwerkstatt.
„LEBENSABEND MIT GOLDRAND oder die zweite Erfindung des Glücks“
Wer wünscht sich nicht einen schönen, interessanten Lebensabend? Am besten selbständig und trotzdem behütet - am liebsten einen Lebensabend mit Goldrand! Eine muntere, poetische Erzählung: Sie beginnt im März mit dem Einzug von Agnes in die Seniorenresidenz „Kometenschweif“ und gipfelt in einer unerwarteten Wendung im Karneval des darauffolgenden Februars. Dazwischen liegen zwölf spannende Monate, die alle ihren besonderen Schwerpunkt haben: Liebe im Alter, Tierisches, ein Sommerkonzert, plötzlicher Tod, Einsamkeit und Alleinsein, Familiäres, Sportliches, Weihnachten und nicht zu vergessen Angelos philosophische “Blaue Stunde”!
Erster Teil: Agnes Ankunft. Für den Pfleger Markus müssen die Neuankömmlinge eine Art Kontaktanzeige schreiben, in der sie sich selbst trefflich charakterisieren. Markus nutzt diese Texte, um die Bewohner der Residenz später im „Cafe Kontakt“ zu verkuppeln. Agnes traut sich das nicht zu, sie findet aber eine Seniorenzeitung mit entsprechenden Anzeigen. Hier antwortet sie fiktiv auf eine ihr gefällige Anzeige. Aus Dankbarkeit über ihre gelungene Profilierung schreibt sie dem Mann in der Zeitung eine Antwort auf seine Kontaktanfrage. Dieser Partner schreibt ihr zurück und ein längerer Briefwechsel beginnt. Da lernt Agnes im „Kometenschweif“ einen tollen Mann kennen und beendet den Briefwechsel. Was sie nicht weiß, ist, dass es der gleiche Mann ist. So beginnt eine gegenseitige Entdeckungsreise durch das Jahr.
Fortsetzungen folgen!
Uralter Worte kundig kommt die Nacht!
Ricarda Octavia Huch, 1864 in Braunschweig geboren und 1947 in Schönberg im Taunus gestorben, war eine deutsche Schriftstellerin, Philosophin und Historikerin, die als eine der ersten Frauen im deutschsprachigen Raum im Fach Geschichte promovierte. Sie schrieb Romane und historische Werke, unter anderem die Geschichte der italienischen Einigung, des Risorgimento. Weil sie sich mit dieser Forschung Verdienste um Italien erworben hatte, wurde sie später von den italienischen Faschisten geschätzt, was sie wiederum im nationalsozialistischen Deutschland vor Verfolgung bewahrte. Wer den Thüringer Landtag durch den ursprünglichen Eingang an der Arnstädter Straße betritt, trifft im Foyer auf ihre Worte vom 12. Juni 1946, die wie eine Widmung wirken: „Es sei dem Lande Thüringen beschieden, dass niemals mehr im wechselnden Geschehen ihm diese Sterne untergehen: Das Recht, die Freiheit und der Frieden.“ Den Frauen und Männern des Widerstands ein Denkmal zu setzen, war der greisen Dichterin eine besondere Aufgabe, es gelang ihr noch, die Münchener „Weiße Rose“ und die Geschwister Scholl der Nachwelt einzuprägen. Hier eines ihrer schönsten Gedichte:
„Uralter Worte kundig kommt die Nacht;
Sie löst den Dingen Rüstung ab und Bande,
Sie wechselt die Gestalten und Gewande
Und hüllt den Streit in gleiche braune Tracht.
Da rührt das steinerne Gebirg sich sacht
Und schwillt wie Meer hinüber in die Lande.
Der Abgrund kriecht verlangend bis zum Rande
Und trinkt der Sterne hingebeugte Pracht.
Ich halte dich und bin von dir umschlossen,
Erschöpfte Wandrer wiederum zu Haus;
So fühl ich dich in Fleisch and Blut gegossen,
Von deinem Leib and Leben meins umkleidet.
Die Seele ruht von langer Sehnsucht aus,
Die eins vom andern nicht mehr unterscheidet.“
„Urlaub“, ein besonderes Gedicht der Bordenauer Dichterin Christine Köpcke
Wolken, so fern und doch nah
Wellen, aus Salzschaum gebraut
Gesichter, die lang ich nicht sah
sie sind mir für immer vertraut
Die Tage und Nächte, die lauen
einmal im Jahr komm ich her
gemeinsames Schweigen und Schauen
Die Sonne, den Wind und das Meer
Ein lesenswerter Erlebnisbericht von Johanna Korte!
Im Mai 2023 reiste die Familie Korte aus Bordenau in die Masuren. Unter dem Titel „Nostalgie und mehr …“ hat Johanna Korte exklusiv für unsere Kolumne einen kleinen Bericht verfasst: “Sieben Tage unterwegs durch Ostpreußen mit dem Ziel, in Masuren ein kleines Dorf zu besuchen. Es ist der Geburtsort der beiden Schwestern,
die mit ihren erwachsenen Kindern auf Spurensuche unterwegs sind. Start mit dem Zug von Berlin nach Danzig. Wir haben gute Plätze und sind voller
Erwartung. Unser Dolmetscher Tomasz, gleichzeitig Fahrer des Kleinbusses, empfängt uns freundlich auf dem Bahnhof in Danzig. Er begrüßt uns lächelnd
und formvollendet mit „Handkuss“. Das sei in Polen so üblich. Die lange Eisenbahnfahrt macht müde; wir sind zurückhaltend, er auch. Nach dem großen
Abendessen und polnischem Bier stellt sich leichte Vertrautheit ein. Später, nach einer kleinen Stadtführung lösen sich Verspannungen. Wir sind locker,
fröhlich, duzen uns, machen Witze. Tomasz ist ein guter Beobachter. Bald hat er uns alle im „Griff“, unsere Gewohnheiten, unsere Macken. Er ist
humorvoll, feinfühlig und versucht alle unsere Wünsche zu erfüllen. Er kennt sich aus. Jeden Tag ein neues Ziel. Er führt uns zu lauschigen Plätzen z. B.
zu einem ehemaligen Kloster am See. Wir genießen die Stille am Schilf im Sand, auf einer Holzschaukel, wir erfrischen unsere müden Füße im klaren
Wasser, sammeln Muscheln und Steine. Das Kloster verwandelte sich vor einigen ahren zu einem Restaurant mit feinen landesüblichen Köstlichkeiten,
auch Piroggen in verschiedenen Variationen. Wir reisen weiter in den südöstlichen Teil Masurens in das kleine Dorf Skomanten und finden unser
Geburtshaus. Es wurde 1930 von unserem Vater erbaut. Seit 13 Jahren ist es unbewohnt, eine verfallende Ruine, Einsturzgefahr, Betreten auf eigene
Gefahr. Im Jahr 1944 musste unsere Familie eine „Idylle“ verlassen. Auch das
kleine Flüsschen, das durch das Dorf plätscherte, hatte sich verändert. Es
ist verwuchert und zugewachsen. Nur ein schmales Rinnsal ist erkennbar. Damals war es unser Badeparadies. Ein Trecker nähert sich. Der
deutschsprechende Landwirt aus der Nachbarschaft ist nett und hilfsbereit. Wir erzählen ihm unsere Geschichte. Er holt eine Trittleiter, stellt sie an
die Hauswand dieser Ruine, schraubt das Emailschild mit dem Namen des Ortes und die Hausnummer ab. Freundlich übergibt er mir das Andenken. Im
Handgepäck habe ich noch einen großen Ziegelstein mitgebracht.“
Die Vorbereitungen laufen weiter!
„Bordenau - unser Dorf liest“ möchte am 3.Oktober 2023 aus dem Buch von Florian Illies „Liebe in Zeiten des Hasses: Chronik eines Gefühls 1929–1939“, vorlesen. Dabei werden Gedichte und Originalzitate der ausgewählten Künstler mit vorgestellt, unter anderem von Mascha Kaleko, Bertolt Brecht und Erich Maria Remarque und vielen anderen mehr, auch Else Lasker-Schüler.
Florian Illies hat seine mitreißend erzählte Reise in die Vergangenheit, die sich wie ein Kommentar zu unserer verunsicherten Gegenwart liest, in drei Teile geteilt: 1933, „Davor“ und „Danach“. Zurzeit wählen wir zu allen drei Zeitphasen beispielhafte Texte aus und versuchen natürlich, die Liebe besonders herauszustellen, die sich einer immer kälteren Zeit entgegenstemmt.
Bei Florian Illies liest sich das so: „Else Lasker-Schüler, diese traumverlorene Dichterin, diese Freundin von Franz Marc, von Karl Kraus und Gottfried Benn, Schöpferin von Liebesversen größter orientalischer Schönheit, voll von unerschütterlichem Glauben an die Versöhnung zwischen Judentum und Christentum, wird im Februar 1933 in Berlin auf offener Straße von zwei jungen SA-Kämpfern verfolgt und zusammengeschlagen.“
Und hier ein Gedicht von Else Lasker-Schüler:
„An ihn!
Komm zu mir in der Nacht – wir schlafen eng verschlungen.
Müde bin ich sehr, vom Wachen einsam.
Ein fremder Vogel hat in dunkler Frühe schon gesungen,
Als noch mein Traum mit sich und mir gerungen.
Es öffnen Blumen sich vor allen Quellen
und färben sich mit deiner Augen Immortellen ...
Komm zu mir in der Nacht auf Siebensternenschuhen
In Liebe eingehüllt spät in mein Zelt.
Es steigen Monde aus verstaubten Himmelstruhen.
Wir wollen, wie zwei seltene Tiere liebesruhen
Im hohen Rohre hinter dieser Welt.“
Die Spur der Stempel lesen!
Nach der erfolgreichen „elektronischen“ Schnitzeljagd in den Osterferien legt die Dorfwerkstatt Bordenau unter der Leitung von Tanja Reddert diesmal eine richtige Rallye durchs gesamte Dorf auf: Am Sonntag startet um 14.00 Uhr für über 100 Mitläufer die Rallye am Dorfgemeinschaftshaus. Und fast alle machen mit: Schützenverein, Kirche, TSV Bordenau, Ortsrat, Förderverein der Scharnhorstschule , Reitverein, DRK, Bücherbude, Landfrauen, Feuerwehr und die Dorfwerkstatt. An den Stationen haben die Teilnehmer eine Reihe von Aufgaben zu bewältigen und bekommen dafür einen Stempelabdruck in ihre Laufkarte. Gerne erwartet sind auch Neubürger, die sich über das vielfältige Angebot im Dorf informieren möchten: die Einrichtungen halten auch Informationsmaterial bereit. So kommen die Teilnehmer auch an unserer Bücherbude vorbei und müssen drei kleine Aufgaben bewältigen, darunter eine Schätzfrage! Und wer alle Stempel zusammen hat, wird an dem Gewinnspiel teilnehmen. Moderieren wird das glorreiche Finale „Bordenau -liest“-Kolumnist Martin Drebs.
Das Lieben der Anderen!
Zur Zeit entsteht ein neues Buch mit dem Titel: „Das Lieben der Anderen“. Der Autor Paul Cornelius hat uns vorab einen Einblick in seine Schreibwerkstatt gewährt: Die spannende Erzählung spielt in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Bordenau in der Nähe der Ziegelei, genauer im Riethaus, einem von Hannoveraner Familien erbauten Haus, die dort auch für ihre Jugendgruppen am Wochenende Angebote schaffen wollten.
Die Erzählung beruht auf einer wahren Begebenheit: Am Rand des Dorfes an der Leine finden sich Mitte der 1930er Jahre junge Menschen zu gemeinsamen Unternehmungen zusammen. Ihre Art, miteinander um zu gehen, ihre Vorstellungen vom Leben und der Liebe passen nicht in jene Zeit, die von großen gesellschaftlichen Veränderungen begleitet wird. Die liebevolle Offenheit und die sehnsuchtsreichen, dennoch respektvollen Annäherungen zwischen den jungen Leuten widersprechen der sich diktatorisch durchsetzenden Moral des „neuen“ Deutschen: „Flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl“.
Das steht in krassem Gegensatz zu den Vorstellungen der Jugendlichen, die im Riethaus zusammenkommen. Die sind den Nazis ein Dorn im Auge. Deshalb setzt die Gestapo einen jugendlichen Spitzel ein, der das Leben und Lieben der Gruppe ausspionieren und durch regelmäßige Berichte an die Geheimpolizei Vorwände zur Auflösung der Einrichtung liefern soll - über einen „toten“ Briefkasten an der Straße nach Frielingen. Doch das Lieben der Anderen beginnt den Spitzel zu faszinieren, er offenbart sich dem Leiter und von da ab schreiben sie die Berichte gemeinsam….
Heinrich Heine wendet sich an seine Mutter!
Ich bin′s gewohnt, den Kopf recht hoch zu tragen,
Mein Sinn ist auch ein bisschen starr und zähe;
Wenn selbst der König mir ins Antlitz sähe,
Ich würde nicht die Augen niederschlagen.
Doch, liebe Mutter, offen will ich′s sagen:
Wie mächtig auch mein stolzer Mut sich blähe,
In deiner selig süßen, trauten Nähe
Ergreift mich oft ein demutvolles Zagen.
Ist es dein Geist, der heimlich mich bezwinget,
Dein hoher Geist, der alles kühn durchdringet,
Und blitzend sich zum Himmelslichte schwinget?
Quält mich Erinnerung, dass ich verübet
So manche Tat, die dir das Herz betrübet?
Das schöne Herz, das mich so sehr geliebet?
Ja, dreht sich denn alles im Kreise?
Fortschritt, Erneuerung, Stillstand, Rückbesinnung oder ewige Wiederkehr? Für manche wiederholt sich das Leben und das Schicksal. Und auch das Glück bleibt flüchtig. Der folgende Text stammt nach einer mittelalterlichen Vorlage aus der szenischen Kantate
„Carmina Burana“ von Carl Orff:
„Glück, die Kaiserin der Welt. O Fortuna! Wie der Mond so veränderlich, Wachst du immer oder schwindest! Schmähliches Leben! Erst misshandelt, dann verwöhnt es spielerisch den wachen Sinn. Dürftigkeit, Großmächtigkeit, sie zergehn vor ihm wie Eis. Schicksal, ungeschlacht und eitel! Rad, du rollendes! Schlimm dein Wesen, dein Glück nichtig, immer im Zergehn! Überschattet und verschleiert kommst du nun auch über mich. Um des Spieles deiner Bosheit trag ich jetzt den Buckel bloß. Los des Heiles und der Tugend sind jetzt gegen mich. Willenskraft und Schwachheit liegen immer in der Fron. Drum zur Stunde ohne Saumen rührt die Saiten! Wie den Wackeren das Schicksal hinstreckt; alle klagt mit mir!“
Wem gehört der 1. Mai?
Dem Frühling? Den Arbeitenden! Den Dichtern? Den Frühjahrsoffensiven? Den Wandervögeln? Oder den Grünschnäbeln?
Dem Gregorianischen oder Julianischen Kalender?
Den Ewiggestrigen als „Tag der nationalen Arbeit“? Den Nationalen? Oder Internationalen? Gehört er nicht eigentlich der internationalen Arbeitsteilung? Vielleicht sogar Olympia? Und schweigen die Waffen während der Spiele?
Gehört er den Feiernden? Und wenn er auf einen Sonntag fällt, was dann?
Den Tanzenden? Den Rauschbereiten? Den Rabatzmachern? Den Müttern? Den Verliebten?
In einigen Schweizer Kantonen gewissen Schutzheiligen? Gar Josef, dem Arbeiter?
Gehört er den Maiglöckchen? Den Gartenbauern? Den „ausschlagenden“ Bäumen?
So viele Fragen! Klar ist:
Er gehört zu uns! Und er ist der erste Tag des Rests unserer Leben. Genießen wir dankbar den schönen Tag, und dass wir lesen können und dass diese Zeitung uns dazu den Mut macht!
Bleiben Sie am Lesen!
So verabschiedet Thea Dorn immer ihre Gäste beim „Literarischen Quartett“. Ob das nun richtiges Deutsch ist oder nicht, lassen wir mal dahingestellt. Jetzt hat auch die
„Apotheken-Umschau“ in ihrer Ausgabe vom 15. März das Thema aufgegriffen mit dem Titel: „Lesen, weil´s gesund macht!“ Die Recherche von Vincent Suppé und Laura Patz ergab, wofür wir uns schon seit Jahrzehnten starkmachen. Hier einige Zitate daraus: „Lesen ist für viele nur ein Hobby. Doch der Blick ins Buch, Magazin oder auf das Tablet beeinflusst unsere Gesundheit…Lesen gegen Demenz. Das Demenzrisiko der Lesenden betrug nach 14 Jahren nur noch 54 Prozent vom Demenzrisiko der Nicht-Leser…Kindern bitte vorlesen! So positiv wirkt Vorlesen auf die Entwicklung von Kindern: mehr Empathie, besserer Wortschatz, bessere Konzentration und Lernkompetenz, bessere Beziehung zwischen Vorlesenden und Kindern.“ Die Autoren wissen, wovon sie reden; schließlich haben sie nach eigenen Angaben 17,8 Millionen Leser monatlich. Doch die Mediadaten der „Neustädter Zeitung“ sind auch gut. Und in Bordenau haben wir viele Lesehelfer, die auch noch den Förderpreis der Stiftung Bordenau erhalten haben. Ach ja, und es gibt in Bordenau sogar unsere
„Bücherbude". Da kann man Bücher leihen und vieles mehr! Ja, wo ist die denn? Na, in der Bordenauer Apotheke, wo denn sonst! Lesen was gesund macht. Also beim nächsten Mal, wenn Sie ein Rezept einlösen und die „Apotheken-Umschau“ mitnehmen, schnell mal einen Blick in die Bücherbude!
Wir lesen weiter!
„Bordenau - unser Dorf liest“ am 3.Oktober 2023 aus dem Buch von
Florian Illies „Liebe in Zeiten des Hasses: Chronik eines Gefühls 1929–1939“, kombiniert mit Gedichten und Originalzitaten der ausgewählten Künstler, unter anderem Mascha Kaleko, Bertolt Brecht und Erich Maria Remarque. Ferdinand von Schirach meint dazu: »Lesen Sie bitte dieses Buch, es ist hinreißend. Ich habe so viel Neues erfahren, über die Liebe, die Kunst und das Grauen.«
In einem virtuosen Epochengemälde erweckt Florian Illies die dreißiger Jahre, dieses Jahrzehnt berstender politischer und kultureller Spannungen, zum Leben.
Als Jean-Paul Sartre mit Simone de Beauvoir im Kranzler-Eck in Berlin Käsekuchen isst, Henry Miller und Anaïs Nin wilde Nächte in Paris und »Stille Tage in Clichy« erleben, F. Scott Fitzgerald und Ernest Hemingway sich in New York in leidenschaftliche Affären stürzen, fliehen Bertolt Brecht und Helene Weigel wie Katia und Thomas Mann ins Exil. Genau das ist die Zeit, in der die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland ergreifen, Bücher verbrennen und die Gewalt gegen Juden beginnt.
1933 enden die »Goldenen Zwanziger« mit einer Vollbremsung. Florian Illies führt uns zurück in die Epoche einer politischen Katastrophe, um von bekannten Liebespaaren der Kulturgeschichte zu erzählen: In Berlin, Paris, im Tessin und an der Riviera stemmen sich die großen „Geister“ der Zeit gegen den drohenden Untergang. Eine mitreißend erzählte Reise in die Vergangenheit, die sich wie ein Kommentar zu unserer verunsicherten Gegenwart liest: Liebe in Zeiten des Hasses.
Dann lasst uns aufstehen!
Der engagierte Schweizer Pfarrer und Schriftsteller Kurt Marti hat bereits 1970 ein ambitioniertes Ostergedicht geschrieben:
1. Das könnte den Herren der Welt ja so passen,
wenn erst nach dem Tode Gerechtigkeit käme,
erst dann die Herrschaft der Herren,
erst dann die Knechtschaft der Knechte
vergessen wäre für immer,
vergessen wäre für immer.
2. Das könnte den Herren der Welt ja so passen,
wenn hier auf der Erde stets alles so bliebe,
wenn hier die Herrschaft der Herren,
wenn hier die Knechtschaft der Knechte
so weiterginge wie immer,
so weiterginge wie immer.
3. Doch ist der Befreier vom Tod auferstanden,
ist schon auferstanden und ruft uns nun alle
zur Auferstehung auf Erden,
zum Aufstand gegen die Herren,
die mit dem Tod uns regieren,
die mit dem Tod uns regieren.
Nun ist er endlich kommen doch! Dank Theodor Fontane!
„Nun ist er endlich kommen doch
in grünem Knospenschuh.
»Er kam, er kam ja immer noch«,
die Bäume nicken sich's zu.
Sie konnten ihn all erwarten kaum,
nun treiben sie Schuss auf Schuss;
im Garten der alte Apfelbaum
er sträubt sich, aber er muss.
Wohl zögert auch das alte Herz
und atmet noch nicht frei,
es bangt und sorgt: »Es ist erst März,
und März ist noch nicht Mai.«
O schüttle ab den schweren Traum
und die lange Winterruh',
es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag's auch du!“
Nun ist er endlich kommen doch! Dank Theodor Fontane!
„Nun ist er endlich kommen doch
in grünem Knospenschuh.
»Er kam, er kam ja immer noch«,
die Bäume nicken sich's zu.
Sie konnten ihn all erwarten kaum,
nun treiben sie Schuss auf Schuss;
im Garten der alte Apfelbaum
er sträubt sich, aber er muss.
Wohl zögert auch das alte Herz
und atmet noch nicht frei,
es bangt und sorgt: »Es ist erst März,
und März ist noch nicht Mai.«
O schüttle ab den schweren Traum
und die lange Winterruh',
es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag's auch du!“
Feder trifft Farbe!
Zwei Neustädter Autoren wirken seit Jahren mit in der Wunstorfer Textschmiede. Und die hat sich in den letzten Wochen reichlich mit der Bildenden Kunst beschäftigt. So besuchte die Gruppe eine Schreibwerkstatt im Sprengel-Museum und schrieb beeindruckende Texte zu den Bildern von Bernd M. Langers Ausstellung im Rosenkrug in Neustadt. Jetzt traf sie sich mit der Künstlergruppe um Simone Albrecht in Blumenau, um eine weitere Kooperation von Literatur und Kunst auf Augenhöhe auszuloten. Dabei drehen unsere Dichter den Spieß einmal um und beschreiben wortmalerisch ein Bild, das später von den Künstlern gemalt werden soll. In der Kurzgeschichte von Wilfried Benthin aus Neustadt „Ich versuche ein Bild zu malen“ springen einen die Elemente förmlich an, es gerät ein Schiff in Seenot und man hört sogar etwas:
„Wir Menschen sehen die Welt in allen Farben, also nehme ich meine Farbpalette zur Hand. Noch erscheint die Leinwand in einem nichtssagenden Weiß. Der Wind lässt das halboffene Fenster in meinem Zimmer klappern, und ich habe eine Idee. Ich male dunkle Wolken, die fast bedrohlich die obere Hälfte des werdenden Bildes einnehmen. Wie von Geisterhand wandert der Pinsel darüber hinweg und gestaltet es noch intensiver. Nun überlege ich nicht lange und beginne mit dem Rest, eine durch den Sturm hoch aufgetürmte See zu malen. Im Vordergrund überschlagen sich die Wellen, und die weißen Schaumkronen sprühen ihre Gischt förmlich aus dem Bild heraus. In der Ferne sind die Decksaufbauten eines Schiffes zu erkennen, das um sein Dasein kämpft. Ich trete zwei Schritte zurück, betrachte mein Werk und meine, „Dit-dit-dit, daaa-daaa-daaa, Dit-dit-dit“ im Hintergrund zu hören.“
Und jetzt gucken wir mal, welches Bild daraus - gemalt - entsteht! Wir berichten weiter!
Alle Jahreszeiten wieder!
Johanna Korte leitet mit Engagement und Empathie
den Literaturzirkel „Jahres-Zeiten-Poesie“ für an Literatur interessierte
und begeisterte Frauen und Männer in der "Dorfwerkstatt“ in Bordenau im
Birkenweg! Einmal im Monat montags von 14.45 - 16.15.Uhr. Und eben am
nächsten Montag, dem 13.März 2023, auch wieder. Der Gesprächskreis wurde vor
drei Jahren schon eingerichtet, dazwischen kamen einige Krisen, jetzt kommen
die Jahreszeiten doch wieder, wie die zum Beispiel von Hoffmann von
Fallersleben:
„Oh, wie ist es kalt geworden
und so traurig, öd und leer!
Rauhe Winde wehn von Norden,
und die Sonne scheint nicht mehr.
Schöner
Frühling, komm doch wieder,
lieber Frühling, komm doch bald.
Bring uns
Blumen, Laub und Lieder,
schmücke wieder Feld und Wald!“
Woher kommt unsere Liebe zum Meer und die ewige Sehnsucht nach einer Insel?
Die Fähre braucht vom Festland eine Stunde auf die kleine Nordseeinsel, manchmal länger, je nach Wellengang. Hier lebt in einem der zwei Dörfer seit fast 300 Jahren die Familie Sander. Drei Kinder hat Hanne großgezogen, ihr Mann hat die Familie und die Seefahrt aufgegeben. Nun hat ihr Ältester sein Kapitänspatent verloren, ist gequält von Ahnungen und Flutstatistiken und wartet auf den schwersten aller Stürme. Tochter Eske, die im Seniorenheim Seeleute und Witwen pflegt, fürchtet die Touristenströme mehr als das Wasser, weil mit ihnen die Inselkultur längst zur Folklore verkommt. Nur Henrik, der Jüngste, ist mit sich im Reinen. Er ist der erste Mann in der Familie, den es nie auf ein Schiff gezogen hat, nur immer an den Strand, wo er Treibgut sammelt. Im Laufe eines Jahres verändert sich das Leben der Familie Sander von Grund auf, erst kaum spürbar, dann mit voller Wucht.
Klug und mit großer Wärme erzählt Dörte Hansen vom Wandel einer Inselwelt, von alten Gesetzen, die ihre Gültigkeit verlieren, und von Aufbruch und Befreiung, alles in ihrem neuen Buch „Zur See“. Und das in einer Sprache, die ihren treffenden Witz aus ihrem Buch „Altes Land“ und die stimmungsvolle Wehmut aus „Mittagsstunde“ in eine dralle, raue Weise überhöht, die uns mitreißt!
Neustadt Helau! Rübenberge Alaaf!
Nu is et widder Karneval /Da lache und scherzen se widder all /
Doch bleibt dat Lachen im Halse stecken, /et jibbt ja kaum noch richtige Jecken.
Wo Fastnachtswitz mit feinem Stift / Verspritzt sonst parodistisch lustig Jift,
Da haut die Zimmermann mit gröbstem Scherz / Auf unsern humorlos trock´nen Merz.
Da wartet mancher, dat die Quote kütt, / und verliert sich nuhr in seiner Bütt.
Dä Schröder schreddert Rübenberge,
Oliver welkt so vor sich hin,
und Jan böhmert sich durch sein Investigativ,
so fällt der kleine Mann janz, janz tief:
Nach Pandemie, Klima, Krieg und solche Sache,
hat der ja nich mehr viel ze Lache.
Ja Neustadt, an schöner Leine festgemacht,
hier wird neben den Mühen sonst auch viel gelacht.
Doch wenn einer will sein Haus verkaufen für teures Jeld
Dann „Augen auf“. wem dat ins Auge fällt!
Hier werden Brücken eingerissen noch und nöcher,
über fertige darf man nich: sind da noch Löcher?
Gemeinwohlökonomie muss sich extra gründen,
Um Verfassungsansprüche neu zu erfinden.
Und sprachlich sitzen wir auf Regions Rändern
Und können ohne Melissa jetzt alleine gendern.
Da fällt et wirklich schwer, noch laut zu lachen – gemeinsam oder alleine
Am Wasserfall, vorm Schreibtisch oder an unserer schönen Leine.
„Man gab mir einen Körper“!
Das Gedicht stammt aus der Feder des russischen Dichters Ossip Mandelstam (1891 – 1938):
„Man gab mir einen Körper — wer
Sagt mir, wozu? Er ist nur mein, nur er.
Die stille Freude: atmen dürfen, leben.
Wem sei der Dank dafür gegeben?
Ich soll der Gärtner, soll die Blume sein.
Im Kerker Welt, da bin ich nicht allein.
Das Glas der Ewigkeit — behaucht:
Mein Atem, meine Wärme drauf.
Die Zeichnung auf dem Glas, die Schrift:
Du liest sie nicht, erkennst sie nicht.
Die Trübung, mag sie bald vergehn.
Es bleibt die zarte Zeichnung stehn.“
Wir lesen weiter!!
Nach der Absage der letzten großen Lesung zum „Tag der Deutschen Einheit“ war es lange nicht klar, wie es mit unserem lesendem Dorf weitergehen könnte. Jetzt hatten die Leiter Annegret Scholz und Martin Drebs viele der aktiven Vorleser zu einem Konzeptionsgespräch eingeladen. Der Tenor der Einladung war noch etwas scheu und unsicher: „Wir sind alle älter geworden - reifer? - und die Kräfte reichen oft nicht mehr hin. Junge Nachfolger sind noch nicht in Sicht. Dies` Schicksal teilen wir uns mit vielen anderen Einrichtungen, und vielleicht soll es ja auch zu Ende gehen: würdig, heiter und poetisch!“
Aber Pustekuchen! Es geht weiter! Wir lesen weiter! Und haben uns schon ein Buch ausgewählt – dazu demnächst mehr. Und das wollen wir in Auszügen auch gerne wieder am 3. Oktober vorlesen. Bestens vorbereitet wie immer, besonders aufs gute Vorlesen, aber nicht mehr mit dem ganzen Drumherum: Die Kunstsporthalle abdunkeln, das Orchester aufbauen, die Lichtanlage aussteuern und vieles andere mehr.
Dabei wünschen wir uns, dass unser verehrtes Publikum wiederkommt und es zu schätzen weiß, wenn wir aus dem Lesbaren das Lesenswerte auswählen.
Der alte Mann und das Mehr
Am Samstag, dem 18. Februar 2023, um 20 Uhr gibt es ein Poetry-Slam-Show mit
Klaus Urban im Gymnasium Neustadt.
Mit dem Auftritt des Ehepaars Verena und Klaus Urban bietet der Abend einen weiteren, besonderen Leckerbissen. Denn die Ehepartner treten auch im Team auf und setzen ihre Beiträge gekonnt im Duett in Szene:
„Der alte Mann und das Mehr“ - unter diesem Namen performen Verena und Klaus Urban ihre Beiträge.
Wir dürfen hier vorab schon auf den Wortwechsel schauen; dabei sind die Texte farbig unterlegt: Blaue Teile werden gemeinsam gesprochen, schwarz spricht der alte Mann und Rot ist „Das Mehr“.<
Wachen? Träumen?
Schon Shakespeares Hamlet war sich nicht ganz sicher, ob das Leben vielleicht nur ein Traum sei. Mir träumte, ich sei ein Schmetterling, und jetzt weiß ich nicht mehr, bin ich ein Mensch, der von einem Schmetterling geträumt hat oder umgekehrt. Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum, hieß es in bewegten Zeiten. Karoline von Günderrode (1780 bis 1806), eine deutsche Dichterin der Romantik, spürte sogar einen
„Kuss im Traume“:
„Es hat ein Kuss mir Leben eingehaucht,
Gestillet meines Busens tiefstes Schmachten.
Komm, Dunkelheit! mich traulich zu umnachten,
Dass neue Wonnen meine Lippe saugt.
In Träume war solch Leben eingetaucht,
Drum leb' ich, ewig Träume zu betrachten,
Kann aller andern Freuden Glanz verachten,
Weil nur die Nacht so süßen Balsam haucht
Der Tag ist karg an liebesüßen Wonnen,
Es schmerzt mich seines Lichtes eitles Prangen
Und mich verzehren seiner Sonne Gluthen.
Drum birg dich Aug' dem Glanze ird'scher Sonnen!
Hüll' dich in Nacht, sie stillet dein Verlangen
Und heilt den Schmerz, wie Lethes kühle Fluten.“
Albert Einstein hat das Wort!
Auch er kommt bei der Konzertlesung am 19.1.23 im Ratskeller zu Wort. Er hat nicht nur die Physik geprägt, sondern auch die Weltanschauung der Menschen beeinflusst. Mit seinem moralischen Feingefühl äußerte er sich in vielen Zitaten auch über die hässlichen Seiten der Menschheit und über Kriege: „Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen. Was mich erschreckt, ist nicht die Zerstörungskraft der Bombe, sondern die Explosionskraft des menschlichen Herzens zum Bösen. Der Mensch erfand die Atombombe, doch keine Maus der Welt würde eine Mausefalle konstruieren. Die Rüstungsindustrie ist eine der größten Gefährdungen der Menschheit. Es ist einfacher, radioaktives Plutonium zu entsorgen als das Böse im Menschen. Heldentum auf Kommando, sinnlose Gewalt und die leidige Vaterländerei, wie glühend hasse ich sie, wie gemein und verächtlich erscheint mir der Krieg; ich möchte mich lieber in Stücke schlagen lassen, als mich an einem so elenden Tun beteiligen!“
Ein neues Lied, ein besseres Lied!
Lasst uns das Jahr mit Heinrich Heines Gedicht „Deutschland – ein Wintermärchen“ beginnen:
„Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.
Wir wollen auf Erden glücklich sein,
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
Was fleißige Hände erwarben.
Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nicht minder.
Ja, Zuckererbsen für jedermann,
Sobald die Schoten platzen!
Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.
Und wachsen uns Flügel nach dem Tod,
So wollen wir euch besuchen
Dort oben, und wir, wir essen mit euch
Die seligsten Torten und Kuchen.
Ein neues Lied, ein besseres Lied!
Es klingt wie Flöten und Geigen!
Das Miserere ist vorbei,
Die Sterbeglocken schweigen.
Die Jungfer Europa ist verlobt
Mit dem schönen Geniusse
Der Freiheit, sie liegen einander im Arm,
Sie schwelgen im ersten Kusse.
Und fehlt der Pfaffensegen dabei,
Die Ehe wird gültig nicht minder -
Es lebe Bräutigam und Braut,
Und ihre zukünftigen Kinder!“