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Unser Dorf liest

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Kolumnen - Archiv 2011


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Weltuntergang 2012
709. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 31.12.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Nun wieder ein Jahreswechsel in unserer Zeitrechnung. Dazu die herzlichsten Grüße und Wünsche für ein neues Jahr. “...und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben...” heißt es in Hermann Hesses bekanntem und beliebtem Gedicht “Stufen”. Manche Zeitgenossen rechnen da eher mit Schlimmerem, zum Beispiel einem möglichen Weltuntergang, also gerade für 2012. Dabei sind die Berechnungen eines christlichen, amerikanischen Propheten schon im letzten Jahr daneben gegangen. Die anderen großen Weltreligionen haben ohnehin ihre eigene Zeitrechnung, da greift man dann schon gerne auf den Sternenkalender der Mayas zurück, die für Ende Dezember 2012 den Weltuntergang vorhersagen. Die historische Wissenschaft hat aber festgestellt, dass aus Sicht der Mayas nur ein besonderes Weltzeitalter endet, auch wenn – wie es in LORIOTs “Pappa ante portas” heißt – der Venusmond Tetra seine Umlaufbahn verlassen hat und auf die Erde zurast. Antworten wir ähnlich gelassen, das komme uns jetzt etwas ungelegen oder wie Frau Lohse meint: “Die Welt geht unter, und wir haben eine Tonne Wurzelbürsten und Badezusatz im Haus”. Also, wenn die Welt schon untergeht, wollen wir wenigstens noch schön baden oder einiges aus dem geplanten 2012 erleben, den Valentinstag vielleicht oder die Passsionszeit mit einer Lesung von Texten von Christoph Schlingensief oder die Fußballeuropameisterschaft, und wenn dann der Meeresspiegel unnatürlich hoch angestiegen sein sollte, nehmen wir die Holländer von hier mit in die Ukraine, oder den 3. Oktober, wo wir Siegfried Lenz “Landesbühne” vorlesen wollen, oder den neuen Literaturnobelpreisträger, ja und dann ist schon wieder Weihnachten, diesmal aber endlich glühlampenfrei, denn das plant die EU für 2012. Wie dem auch sei, wir lesen weiter; und vielleicht ist alles ja auch ganz einfach zu erklären: die Mayas haben einfach keinen neuen Kalender gedruckt, und deshalb fürchten sich einige vor dem Weltuntergang. Wir lesen uns jedenfalls wieder Ende 2012 in alter Frische in Ihrer Neustädter Zeitung. Achten Sie auf sich!


Weihnachtsgeschichte 2011
708. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 24.12.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Wie der Nikolaus und der Weihnachtsmann der kleinen Lena doch noch zu richtigen Stiefeln verhalfen
von Paul Cornelius

Es wurde Advent, und nach dem großen Nebel fielen die ersten Schneeflocken durch die feuchte Kälte. Anfang Dezember machte sich der Heilige Nikolaus auf den Weg, um möglichst vielen, vor allem bedürftigen Kindern zu helfen und ihnen etwas Schönes und Nützliches zu schenken. So war es Brauch von Alters her, niemand wusste, wann diese Tradition entstanden war in der großen Kirche. Der 6.Dezember war dafür vorgesehen; am Abend vorher mussten die Kinder ihre geputzten Schuhe in den Flur stellen und am Morgen fanden sie darin, was sie so brauchten: Süßigkeiten, Spielsachen, auch schon mal ein Schulheft oder wärmende Socken. Und weil die Kinder gerne viel bekommen wollten, stellten sie alsbald immer größere Stiefel hin, die am Abend vorher blitzblank geputzt wurden. Nur die kleine Lena scheute sich, ihre alten, zerrissene Stiefel aufzustellen. Sie schämte sich, weil die Stiefel so alt waren und sich gar nicht mehr richtig putzen ließen. Lena lebte mit ihrem Vater allein in einer kleinen, armseligen Hütte am Stadtrand. Und obwohl der Vater sich um ein bisschen Wohlstand bemühte, hatte Lena jene Scham ergriffen, die sich einstellt, wenn Kinder andere Kinder sehen, denen es vermeintlich besser geht als ihnen selbst. Und was hätte Lena nicht alles zum guten Leben gebraucht: Auch Socken , neue Hefte, natürlich Kekse und vielleicht ein Kinderbuch, eine Puppe und andere Spielsachen. Darüber hätte sie sich gefreut und so versuchte sie noch, ihre Stiefel zu putzen, stellte sie aber nicht mehr in den Flur. Unterdessen war St. Nikolaus durch die Welt geflogen und hatte an seinem besonderen Tag schon viele Kinder mit mancherlei Nützlichem und Leckerem bedacht, als er auch an Lenas Haus vorbei kam und zu seinem Erstaunen feststellte, dass keine Stiefel im Flur standen. Seine Mitbringsel, auch ein Malkasten und neue Buntstifte, so einfach auf den Boden zu legen, traute er sich nicht. Das war nicht üblich, das ging einfach nicht. So zog er unverrichteter Dinge weiter, aber es ließ ihm keine Ruhe, denn im Wegfliegen hatte er gesehen, wie traurig Lena am Fenster gesessen hatte. Und da fasste Nikolaus einen Plan, um Lena dennoch die guten Sachen zukommen zu lassen: er wollte den Weihnachtsmann darauf ansetzen, Lena die Geschenke zu bringen. So machte er sich auf den Weg zu den Weihnachtsmännern , die sich weit draußen in den schneebedeckten Wäldern trafen, um sich auf ihre Aufgaben vorzubereiten. Schon von Ferne hörte Nikolaus die Hohoho-Rufe, die die Weihnachtsmänner immer wieder üben, und als er näher kam, sah er einige von ihnen die Schlitten putzen und die Rentiere füttern. In einem großen Lager stapelten sich die vielen Geschenke, die hier von fleißigen Helfern verpackt und adressiert wurden. Die Weihnachtsmänner mit ihren roten Mänteln und falschen weißen Bärten waren erst seit einiger Zeit in Mode gekommen, um das Christkind bei dessen Geschenkaktionen zu unterstützen. Als Nikolaus endlich ankam, machten die Weihnachtsmänner von ihrem Training gerade Pause; sie saßen um einen großen Tisch herum, spielten Karten und tranken Coca Cola und andere berauschende Getränke . Es herrschte eine ausgelassene Stimmung, die so gar nicht an Weihnachten denken ließ, und Nikolaus hatte mehr den Eindruck von trunkenen Rabauken als von wirklichen Weihnachtsmännern, die den Kindern mit ihren Geschenken so viel Freude bereiten sollten. Es fuhr ihm wie ein Stich ins Herz, wenn er an die traurige Lena in der kargen Hütte dachte, und hier glänzte und glitzerte es von überbordender Pracht. Da trat Nikolaus zwischen die Weihnachtsmänner und rief mit lauter Stimme: „Ja, seid ihr denn alle noch zu retten? Ihr sitzt hier rum und spielt und macht und feiert, und überall in der Welt warten die Kinder auf ihre Geschenke.“ „Jetzt mach mal halblang , du komischer Vogel mit Bischofsmütze und einem Buch in der Hand!“ gaben die Weihnachtsmänner zurück. „Das ist die Bibel , ihr Pfeifen,“antwortete der Nikolaus, „wisst ihr denn nicht, dass das Ganze mit Christi Geburt zusammenhängt?“ „Na klar“, sagten die Weihnachtsmänner, „in der Weih-Nacht wird den Menschen das Christkind geschenkt, und dann beschenkt das Christkind die Menschen, und wir sind das Bodenpersonal und wir heißen auch so.“ - „Da merk ich aber gar nix von, von eurer Schenkensfreude.“ „Du Spaßvogel“, antworteten die Weihnachtsmänner, „es ist doch jedes Jahr mehr geworden, die Kinder wissen schon gar nicht mehr, was sie sich wünschen sollen bei all der Werbung und dem Reklame-Licht“, Nikolaus gab zu bedenken: „Ihr kennt ja nur die Sonnenseite des Lebens, sozusagen den Lichterglanz, und den Schatten kennt ihr nicht.“ „Hohoho“, staunten die Weihnachtsmänner, „was denn für ein Schatten. Erzähl mal!“ Nikolaus legte los: „Ich kenne da ein kleines Mädchen mit Namen Lena, das hat gar nicht so viel, und weil es sich für seine Armut schämt, stellte es nicht mal die Stiefel raus, damit ich, der Nikolaus, da was rein tun könnte.“ „Das gibt’s doch gar nicht,“ riefen die Weihnachtsmänner durcheinander, „da müssen wir was unternehmen. Wo wohnt denn diese Lena? Und wie spät ist es ? Ist es schon der Heilige Abend?“ - „Ja, morgen schon“, lachte Nikolaus. Sofort packten die Weihnachtsmänner die Spielkarten und die berauschenden Getränke weg und beratschlagten, was zu tun sei. Als erstes gingen sie ins Geschenkelager und fragten den Vorsteher, ob noch ein paar Geschenke übrig sind, die man Lena schenken könnte Dann verabredete man sich, mit Nikolaus am Heiligen Abend gemeinsam Lena zu besuchen, so dass dann sowohl die Weihnachtsmänner als auch Nikolaus die Geschenke abliefern konnten. Und Nikolaus kannte eben den Weg zu Lena. Bei Petrus wurde richtig Schnee bestellt, um schneller mit den Schlitten fahren zu können, und so machte sich am kommenden Tag die ganze, große Gruppe auf den Weg, jeder wollte dabei sein, man schlug sich um die besten Plätze; so was hatte die Welt noch nicht gesehen. „Doch halt!“, rief der Nikolaus, „wir brauchen noch neue Stiefel.“ Ein Weihnachtsmann rief laut: „Ich hab noch welche in Kindergröße!“ Nikolaus freute sich: „Das ist gut. Her damit!“ So kamen sie am Heiligen Abend an der Hütte an. Vater und Tochter saßen am Abendessenstisch und schauten in das Schneetreiben. Vor der Hütte hatten sie notdürftig einen kleinen Baum geschmückt. „Kommt“, flüsterte Nikolaus , „wir gehen hinten herum und bauen dann alles im hinteren Zimmer auf.“ Gesagt, getan! Und als alles vollendet war, ließen sie ein kleines Glöckchen ertönen, um die beiden auf die Geschenke aufmerksam zu machen. Da sahen sie, wie Lena vom Tisch aufstand und durch die Hütte in den zweiten Raum ging , die Tür öffnete und erstaunte: „Mein lieber Vater, was hast du mir da alles geschenkt? Das ist doch viel zu viel für mich. Ich lauf mal schnell zu meiner Freundin rüber, dann können wir zusammen spielen.“ Der Vater war vielleicht überrascht und rief Lena noch nach: „Zieh doch auch die neuen Stiefel an!“ Dann suchte er am Fenster irgendjemand zu erhaschen, der ihm das alles ermöglicht hatte, es musste wohl einen noch größeren Vater geben , der die kleinen Väter beschützt. Nikolaus sah ihn und lächelte; er stapfte in die Winterlandschaft hinein und fiel wie jedes Jahr Ende Dezember in einen tiefen Winterschlaf. Im Hinüberdämmern sah er wie im Schlummerbildchen Männer mit roten Mänteln und weißen Bärten und murmelte zufrieden: „Es ist doch gut, dass es die Weihnachtsmänner gibt!“


Paul auf den Bäumen
707. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 14.12.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Mit freundlicher Genehmigung von Chris Rasche-Hüsch dürfen wir eine wunderbare Geschichte von Hanns Dieter Hüsch veröffentlichen: Die Geschichte von ‘Paul auf den Bäumen’ (Der sich am liebsten dort aufhält und) ... der nach seinem Ausbruch aus der Anstalt durchs Land streift Und die Nächte hier und dort verbringt

Habe den vorletzten Heiligen Abend
In einem leeren fahrenden Güterwagen verbracht
Und um die Nacht zu verteilen und den Schlaf zu Vergessen
Habe er in völliger Dunkelheit
So beschwört er
Mit Kreide auf die 4 inneren Wände des Güterwagens
Alles was in ihm gewesen
Drauf geschrieben und gekritzelt
Beschwört er
Immer ohne zu wissen
Was er nun schreibe und ob es anderntags leserlich sei
Bis alle Wände
Er habe sie mit der Hand abgetastet
Voll Kreide und Schrift gewesen
Dann wäre er eingeschlafen
Und sei am Morgen erwacht
Irgendwo in der Welt zwischen Brisbane und Stavanger
Und er habe die Tür geöffnet,
Und Licht sei geworden
Und auf den Wänden
Voll Lebenszeichen und Hilferufen
Wutausbrüchen und Sanftmut und Jahreszahlen
Habe auf einmal gestanden
Überall, hinter- und übereinander
Und unter und durcheinander
Und überall,
Sogar an der Decke des Wagens
Und auf dem Boden
Die er beide gar nicht beschrieben
Beschwört er
Habe auf einmal deutlich zu lesen
Gestanden: Fürchtet euch nicht
Und wäre nicht wegzuwischen gewesen


Advent
706. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 3.12.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Welchen Advent, welche Ankunft erwarten wir ? Und in welcher Zeit? Der erste christliche Advent lag ja dieses Jahr sehr früh, einige Menschen kommen überhaupt erst Anfang Dezember, am besten noch mit Schnee, in ebensolche Stimmung. So geht es auch in Rainer Maria Rilkes “Advent” so mancher Tanne: “Es treibt der Wind im Winterwalde die Flockenherde wie ein Hirt, und manche Tanne ahnt wie balde sie fromm und lichterheilig wird; und lauscht hinaus. Den weißen Wegen streckt sie ihre Zweige hin – bereit, und wehrt dem Wind und wächst entgegen der einen Nacht der Herrlichkeit.”

Ganz anders beschreibt Paul Cornelius in seinem satirischen Gedicht die Zeitbögen, die uns da noch erwarten: “Advent, Advent, ein Lichtlein brennt, erst eins, dann zwei – Moment, Moment! Was ist´s, was durch die Lande rollt und Tausend Bürger stark ergrollt? Elf Castoren am ersten Advent, das hat die Kirche doch glatt verpennt. Die strahlen mehr als Ewigkeit, Atheisten nennen´s Halbwertszeit. Wenn dann das Christentum vergangen, wir immer noch ums Plutonium bangen. Deshalb brauchen wir jetzt auch schon, einen neuen Orden, eine neue Religion, die noch in 24 Tausend Jahren, weiß, was wir sind und Atome waren. Dann heißt´s in jedem Jahrtausend erneut, erinnert ihr euch 2011 Weihnachtszeit: Advent, Advent, ein Lichtlein brennt, erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann stehen 11 Castoren vor der Tür.”

Weihnachtsmarkt
705. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 23.11.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Am Sonntag, dem 27. November und ersten Advent, kommt es im Neustädter Land wieder zu den ersten Weihnachtsmärkten(-> Wikipedia). Bei uns in Bordenau kann in St.Thomas-Kirche alle Jahre wieder ein kulturelles Beiprogramm angeboten werden. Neben Gongklängen, Klavierspiel und Gospelchorgesang drehen sich unsere Vorlesegeschichten ab 16.30 Uhr diesmal fast alle um den Weihnachtsmann. Er ist angeklagt, dass er die Konsumfreudigkeit der großen und kleinen Menschen zu sehr angeheizt habe. Jetzt muss sich zeigen, was der Weihnachtsmann wirklich mit Weihnachten zu tun hat. Da hilft ihm vielleicht die Geschichte von Paul Cornelius: Der Nikolaus, der ja bekanntlich am 6. Dezember die bedürftigten Kinder beschenkt, konnte der kleinen Lena keine Geschenke machen, da sie sich ihrer kaputten Stiefel schämte und nicht am Abend aufgestellt hatte. Daraufhin eilt Nikolaus zu den Weihnachtsmännern, die kartenspielend und biersaufend auf ihre Aufträge warten. Doch Nikolaus kann sie mitreißen, und so kommt es zum guten Ende mit Süßigkeiten, Spielzeug und einem neuen Paar Stiefel für Lena. Bei dieser Geschichte könnte der Weihnachstmann punkten. Doch ganz anders bei der Geschichte von Judith Weidner: “Der alte Mann und das Mädchen”. Bei dieser Weihnachtsgeschichte, die übrigens beim HAZ-Schreibwettbewerb 2011 einen Preis gewinnen konnte, dreht sich alles um die richtige Weihnachtsstimmung und die ist immer wieder gefährdet. Judith Weidner wird selbst anwesend sein , um mit Vera Urich, Annegret Scholz und Martin Drebs ihre Geschichte vorzutragen.Wir dürfen also gespannt sein, ob der Weihnachtsmann seinen Job behalten kann. Die Kirche ist gut geheizt, der Eintritt ist frei, mitzubringen sind Freude und Aufmerksamkeit und ein bisschen Vorweihnachtsstimmung.


Vorlesetag
704. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 16.11.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Am Freitag, dem 18.November, kommt es wieder zum bundesweiten Vorlesetag, in Neustadt liest dann ab 14.00 Uhr der bekannte Kinderbuchautor Wolfram Hänel im Schloss Landestrost. Doch “Vorlesen” ist nicht so einfach, wie der “Nicht-Vorleser” sich das vorstellt. Fragen wir dazu den berühmten Vorleser Paul Cornelius, worauf man beim Vorlesen alles achten muss. Hier seine Antwort: “Zuerst einmal bereite ich den zu lesenden Text selber gründlich vor. Dazu lese ich ihn durch, dann laut und deutlich und schon mit Blick auf den Sinn des Textes auch entsprechend sinngebend. Und ich frage mich, wo und wie ich den Text, die Geschichte, das Gedicht vorlesen werde: werde ich stehen oder sitzen, so muss ich das auch einmal üben. Dazu bereite ich auch meinen Körper und meine Stimme durch gute Bewegungs- und Atemübungen vor. Dann gehe ich gedanklich auch auf mein Publikum zu. Wer wird da zu meiner Lesung kommen? Sind es Kinder, Familien oder ältere Zuhörer, für die ich ein bisschen lauter sprechen könnte. Wie passt der Text zum Publikum? Gibt es sprachliche Barrieren, Fremdwörter vielleicht? Dann kommt der große Tag; ich begrüße mein Publikum und nehme alle Anwesenden gedanklich wie unter einer großen Glocke mit in den Vorleseraum hinein, so dass ich niemand vergesse. Ich lasse mich auf meine Zuhörer ein. Ihre Aufmerksamkeit und Reaktion wirkt auf mein Vorlesen zurück und verändert die Farbigkeit meiner Stimme. Ich mache gute Pausen, um besondere Stellen hervorzuheben , und dann lese ich den schönen Text ganz und zu Ende und freue mich auf die Anerkennung, den Applaus, das Brot des Künstler, und die strahlenden Gesichter voller Freude und Dankbarkeit. Dann weiß ich, mein Vorlesen ist gelungen.”


Der Herbst
703. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 2.11.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Friedrich Hölderlin (1770 bis 1843) (Link zu Wikipedia) zustimmt uns heute einmal auf den Herbst ein:
Der Herbst
Das Glänzen der Natur ist höheres Erscheinen,
Wo sich der Tag mit vielen Freuden endet,
Es ist das Jahr, das sich mit Pracht vollendet,
Wo Früchte sich mit frohem Glanz vereinen.
Das Erdenrund ist so geschmückt, und selten lärmet
Der Schall durchs offne Feld, die Sonne wärmet
Den Tag des Herbstes mild, die Felder stehen
Als eine Aussicht weit, die Lüfte wehen
Die Zweig' und Äste durch mit frohem Rauschen
Wenn schon mit Leere sich die Felder dann vertauschen,
Der ganze Sinn des hellen Bildes lebt
Als wie ein Bild, das goldne Pracht umschwebet.


Literatur aus Island
702. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 26.10.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Die Frankfurter Buchmesse ist vorbei, die Bücher bleiben. Ach könnte man mit den Büchern auch die Zeit kaufen, sie zu lesen, soll Schopenhauer gesagt haben. Was auch bleibt und nachwirkt ist der thematische Schwerpunkt der Messe: Island, das erdgeschichtlich jüngste Land unsere Erde. “Bücher gegen die Kälte” titulierte die Wochenzeitung “Die Zeit” ihre Buchauswahl, und wir empfehlen “Gebrauchsanweisung für Island” von Kristof Magnusson. Der Islandkenner und Erfolgsautor zeigt uns die wundersame Insel mit ihrer schroffen Exotik auf erfrischend heitere Weise und Land, Leute und Gewohnheiten in ihrer besonderen Ausprägung. So muss das kleine Volk alle Funktionen eines riesigen Landes erfüllen, von der Kindergärtnerin über den Geigenbauer bis zur Vertretung in Brüssel. Dabei geraten die Isländer selbst immer in merkwürdige, statistische Überlegungen: hatte doch Island bis 1955 die geringste Literaturnobelpreisträgerdichte der Welt, dann ab 1955 mit Halldòr Laxness plötzlich die größte weltweit, Amerika müsste 12000 solcher Preiträger haben, um mit Island mitzuhalten! Also ziehen Sie sich warm an, wenn Sie jetzt Laxness oder andere moderne Autoren aus Island lesen, es könnte ein neuer Preisträger darunter sein! Und: wir planen unsere nächste literarische Reise auf den Spuren der Island-Sagas!


Herbstlied
701. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 15.10.2011

Hochverehrte Leserschaft!

In unserer 701.Kolumne seit 1997 rufen wir mal zum Singen auf: Der Schweizer Dichter Johann Graudenz Freiherr von Salis-Seewis (1762 – 1836) schrieb 1782 das 1799 vom deutschen Komponisten Johann Friedrich Reichardt (1752 – 1814) vertonte HERBSTLIED.
"Bunt sind schon die Wälder, gelb die Stoppelfelder, und der Herbst beginnt. Rote Blätter fallen, graue Nebel wallen, kühler weht der Wind. Wie die volle Traube aus dem Rebenlaube purpurfarbig strahlt! Am Gelände reifen Pfirsiche, mit Streifen rot und weiß bemalt. Flinke Träger springen, und die Mädchen singen, alles jubelt froh! Bunte Bänder schweben zwischen hohen Reben auf dem Hut von Stroh. Geige tönt und Flöte bei der Abendröte und im Mondesglanz; junge Winzerinnen winken und beginnen frohen Erntetanz."


Kleinste Kolumne ever
700. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 8.10.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Nach all den vielen Worten und vor den langen, herbstlichen Leseabenden haben wir uns eine kleine Pause verdient mit dem kurzen Gedicht von Paul FF.Cornelius. "Vor dem Sturm: Vorübergehend geschlossen , sagten die Gänseblümchen und zitterten vor Bangigkeit."


ACH DU LIEBE ZEIT
699. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 28.9.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Nur noch wenige Tage bis zu unserer einmaligen Zeitrevue “ACH DU LIEBE ZEIT”, ein literarischer und musikalischer Nachmittag, am 3. Oktober 2011 zwischen 14.30 Uhr und 18.00 Uhr in Neustadt-Bordenau im Dorfgemeinschaftshaus. Und um Sie während der heiter-besinnlichen Veranstaltung auch richtig wissenschaftlich über das Thema informieren zu können, haben wir den Hannoveraner Doktor der Physik Hartmut Grote gewinnen können. Er referiert zusammen mit seinem Gehilfen Mauthe über dieses brisante Thema: „Was ist die Zeit? Wenn mich niemand danach fragt, weiss ich es. Soll ich es einem Fragenden erklären, weiss ich es nicht.“ Das hat Augustinus gesagt. Ein Physiker wäre da vielleicht etwas weniger bescheiden. Er oder Sie hat eine Definition. Wir werden sie hören. Es gibt aber noch ein ganz anderes Problem mit der Zeit, nämlich, dass sie nicht wie Newton uns einst verkündete immer gleich abläuft, unabhängig von Raum und Bewegung. „Nein, nein“, ruft uns Einstein zu, „weit gefehlt“. Für verschiedene Objekte ist auch der Verlauf der Zeit verschieden, und zwar abhängig davon, wie und mit welcher Geschwindigkeit Sie sich durch den Raum bewegen. Deshalb lautet unser Motto: „Bewegte Uhren gehen langsamer.“ Aber es ist viel fundamentaler als „Bewegung hält jung.“ Als Passagier in einem Flugzeug altern Sie womöglich langsamer auch beim Nichtstun. (Ist es Ihr Ziel lange zu leben?) Sollte uns das in Bordenau kümmern? Ja! Wir werden mit bewegten Weckern experimentieren. Wir werden über fliegende Atomuhren hören. Wir werden dem Zwillingsparadoxon auf den Grund gehen. Gute Reise!


Roger Willemsen
698. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 14.9.2011

Hochverehrte Leserschaft!

In einem Offenen Brief haben wir den bekannten Kulturjournalisten Roger Willemsen (Link zur Wikipedia) zur Mitwirkung in Bordenau eingeladen: “Lieber Herr Willemsen,wir möchten Sie ganz herzlich einladen, bei unserer Zeitrevue “ACH DU LIEBE ZEIT”, ein literarischer und musikalischer Nachmittag, am 3. Oktober 2011 zwischen 14.30 Uhr und 18.00 Uhr in Neustadt-Bordenau mit einem kurzen Text aus Ihrem Buch KNACKS mitzuwirken. Wir sind eine kleine, engagierte Literaturinitiative am Rande der Zeit und doch mittendrin, hier wirken seit vielen Jahren interessierte Menschen zur Lese- und Leserförderung zusammen. Wir haben FAUST spielend gelesen und lesend gespielt, ... im letzten Jahr haben wir Dylan Thomas´ UNTER DEM MILCHWALD als "sichtbares Hörspiel" gebracht - mit Erfolg. In diesem Jahr widmen wir uns ganz dem Thema ZEIT, wie ja die niedersächsischen Musiktage auch und übrigens auch das VGH-Literaturfestival. Es liegt in der Luft: es ist Zeit ... Neben vielen interessanten Gedichten und Geschichten, auch Hebels UNVERHOFFTES WIEDERSEHN zum Beispiel, sind wir natürlich auch auf Ihr Engagement gestoßen, wobei wir Ihre kulturelle Arbeit seit Jahrzehnten mit Bewunderung verfolgen, von Willemsens Woche über Fotoband Hongkong bis an die Enden der Welt!! Neben Ihrer Veranstaltung in Walsrode (24.9.11), zu der wir gerne kommen möchten, sind wir auf sehr interessante Stellen in Ihrem Buch KNACKS gestoßen, besonders auf Seite 178 zum Thema Veränderung von Gemälden durch die Zeit: “...auch die Zeit malt mit an der Veränderung des Bildes:” Ich habe heute dazu eine Verlagsanfrage zur Erlangung der Rezitationsrechte gestartet. Nun würde Ihre Mitwirkung, die sich dann ohne weitere Vorarbeit auf das Vorlesen dieser oder einer von Ihnen ausgewählten Stelle im Rahmen unseres Nachmittags beschränken könnte, eine sehr große Unterstützung bedeuten, weil es zeigte, wie sehr Sie solche kulturelle Initiativen wertzuschätzen vermögen. Sie sind an diesem 3. Oktober ab 18.00 Uhr im Kloster Mariensee in Neustadt am Rübenberge zu einer Benefiz-Veranstaltung des Afganischen Frauenvereins, circa 12 Kilometer von unserem Dorf entfernt. Ließe sich Raum und Zeit so "krümmen", dass Sie Lust bekämen, die literartopografische Nähe zu einer kurzfristigen Stippvisite (!) zu nutzen, wobei wir dem Publikum auf Ihr knappes Zeitfenster aufmerksam machen würden und zur Unterstützung des Afganischen Frauenvereins aufrufen könnten. Nebenbei suche ich noch die Unterstützung eines hiesigen Uhrenhändlers, der ein kleines Honorar für Sie als Spende möglich macht. Ich würde mich überzeitlich freuen, wenn Sie ans Ende des Neustädter Landes kämen - und außerdem habe ich eine Wette über einen Kasten Bier laufen, dass ich es schaffe, Sie zu uns zu “löcken”. Bitte! Bitte! Ihr Martin Drebs, selbsternannter Generalintendant der kleinsten Kulturinitiative Deutschlands”


Der "Eine-Welt-Laden"
697. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 7.9.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Ist die Erde eine Scheibe oder Kugel? Okay, wir wissen es, aber so ganz erfassen können wir es zu Fuß platterdings nicht; wir leben mit unseren Familien oder alleine in unseren Kommunen und Ländern und Sprachen, doch dass die Welt unendlich groß und rund ist, begreifen wir kaum. Von hier aus ahnen wir noch die Küsten der Meere, doch schon die Weite des Atlantischen Ozeans ist kaum vorstellbar und dann die vielen anderen Menschen auf der anderen Seite, an den vielen Ufern. Doch es ist “Eine Welt”, und so wie die Wetter zusammengehören, die Meeresströme die Erde umkreisen, so durchdringen sich Handel (China lächelt von ferne) und Wirtschaft, so auch die Streitigkeiten der Völker, unsere Geschichte und die Geschichte der Welt, das Ringen um Wohlstand und der Kampf um die Menschenrechte. Stellen wir uns für einen Moment diese Erde mit all ihren Menschen einmal als “Eine Welt” vor, in der alle Völker und Gebiete, jedes Land etwas Konstruktives zum weltweiten, brüderlichen und schwesterlichen Zusammenwirken beitragen könnte: die Deutschen ihre Gründlichkeit und Tiefe, die Italiener und Afrikaner ihre Lebensfreude, die Amerikaner ihre Großzügigkeit, die Inder ihre Spiritualität, die Schweizer ihre Sparsamkeit, die Litauer ihre Sangesfreude, die Japaner ihre Geduld, die Finnen ihre Sauna, die Araber ihre Dynamik, die Isländer ihre Geschichten, undsoweiter, und bilden Sie selbst ein paar Beispiele! Und die Welt würde zusammenwirken und lebenswert vielfältig sein. Finden Sie das unmöglich und utopisch? Schon immer haben sich Politik und Literatur bei der Formulierung von Utopien gegenseitig befruchtet. Und dieses Unmögliche haben eine Reihe Neustädter Bürger vor 20 Jahren gewagt und den “Eine-Welt-Laden” eröffnet, um mittels fairem Handel und einer Reihe ausgewählter Veranstaltungen etwas zu einer fairen Welt beizutragen. Und am Samstag feiern sie in der Mittelstraße 19 von 10.00 bis 14.00 Uhr, und dabei halten sie einen kleinen Zipfel der Utopie in Händen.


Humorlos: Loriot ist tot
696. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 27.8.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Loriot ist tot, sagt Frau Müller-Lüdenscheid.
Das glaub ich nicht, antwortet Herr Schmitze-Bordenau.
Sie: Wenn ich´s dir doch sage, ich hab´s eben im Radio gehört.
Er: Aber er war doch gerade noch im Fernseher zu sehen, mit sonner Maske.
Sie: Der Fernseher geht wieder?
Er: Eben ging er noch - vor gefühlten fünf Minuten.
Sie: Was heißt das: gefühlte fünf Minuten?
Er: Ich erinnere immer nach Gefühl.
Sie: Dann stimmt mit deinem Gefühl was nicht.
Er: Aber eben lief er noch. Guck doch mal hin!
Sie: Ich lasse mir von einem intakten Fernseher nicht vorschreiben, wann ich zu gucken habe.
Er: Mach´ doch mal was anderes als immer nur Radio hören. Darf ich dir den Mantel bringen?
Sie: Ich möchte jetzt einfach nur hier sitzen und trauern.
Er: Dabei habe ich den Fernseher mit in die Ehe gebracht!
Sie: Ach ja, und ich Wurzelbürsten und Badezusatz.
Er: Ach ja, Loriot ist tot, und wir haben eine Tonne Badezusatz im Haus.
Sie: Immer noch besser als dein Jodeldiplom.
Er: Und dein Atomkraftwerkbausatz zu Weihnachten brauchen wir auch nicht mehr.
Sie: Ich habe diesen Saftladen mit aufgebaut.
Er: Du mit deinem komischen Humor!
Sie: Humorvolle Komik, mein Lieber. Loriot ist tot!
Er: Da bin ich aber traurig.
Sie: Das hat er bestimmt nicht gewollt!


Ich habe dich so lieb
695. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 24.8.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Bei unserem Suchen und Finden für unsere ZEIT-Revue am 3. Oktober 2011, übrigens jetzt ab 14.30 Uhr, also nach Gottesdienst und nach Mittagessen, stoßen wir auf immer schönere Texte, zum Beispiel von Joachim Ringelnatz “Ich habe dich so lieb”:
“Ich habe dich so lieb!
Ich würde dir ohne Bedenken
Eine Kachel aus meinem Ofen
Schenken.
Ich habe dir nichts getan.
Nun ist mir traurig zu Mut.
An den Hängen der Eisenbahn
Leuchtet der Ginster so gut.
Vorbei - verjährt -
Doch nimmer vergessen.
Ich reise.
Alles, was lange währt,
Ist leise.
Die Zeit entstellt
Alle Lebewesen.
Ein Hund bellt.
Er kann nicht lesen.
Er kann nicht schreiben.
Wir können nicht bleiben.
Ich lache.
Die Löcher sind die Hauptsache
An einem Sieb.
Ich habe dich so lieb.“


Sofja Tolstaja
694. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 17.8.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Der “Büchergarten Bordenau” lädt wieder zu einer außergewöhnlichen Lesung am Sonntag, 4. September 2011, um 16 Uhr in die Hans-Zühlke-Str. 3 bei Familie Korte ein: Sofja Tolstaja (1844-1919) - Mein Leben mit Lew Nikolajewitsch Tolstoi (1828-1910). Dass hochbegabte Frauen im Schatten hochbegabter Männer stehen, ist nichts Außergewöhnliches. Dem Angebeteten zuliebe leisten sie Verzicht, werden im besten Fall zu Musen, im schlechtesten zu Haushälterinnen. Dies ist auch das persönliche Schicksal der Sofja Tolstaja. Sie war blutjung, als sie den 16 Jahre älteren Grafen und von ihr verehrten Schriftsteller Lew Nikolajewitsch Tolstoi heiratet. Die ersten Ehejahre bringen Erfüllung. Dreizehn Kinder werden geboren. Sofja hilft ihrem Mann bei der Abschrift seiner Werke und unterstützt ihn in Wirtschaftsdingen. Die neunzehn Jahre bis 1881, die die Familie zurückgezogen auf ihrem Landgut Jasnaja Poljane verlebt, sind für Sofja die besten ihres Lebens. „Das Bewusstsein, einem Genie und großen Menschen zu dienen, gab mir Kraft zu allem“, heißt es in ihren Erinnerungen. Und auch Tolstoi frohlockt: „Ich glaube, so glücklich wie ich ist wohl nur ein einziger unter einer Million.“ Tolstois Ruhm wächst stetig. Doch dann siedelt die Familie nach Moskau über, um den Kindern eine angemessene Ausbildung zuteil werden zu lassen. Und plötzlich scheint alles aus dem Ruder zu laufen: Drei Kinder sterben. Tolstoi wendet sich zunehmend von der Literatur ab und beschäftigt sich lieber mit religiösen und gesellschaftlichen Fragen. Er entwickelt radikale, ja verschrobene Überzeugungen. Nüchtern konstatiert Sofja: „Unser Leben ist entzweit: Ich mit den Kindern, er mit seinen Ideen .... Ich sollte selbständig anfangen, an etwas zu arbeiten, sonst vertrocknet meine Seele noch ganz.“ Als Leo Tolstoi die ebenso frauen- wie lustfeindliche „Kreutzersonate“ im Jahr 1890 zu Papier bringt, schreibt Sofja einen Gegenroman, den sie aber unveröffentlich lässt. Fünfundsiebzig Jahre nach Sofjas Tod 1919 wird ihr Werk „Eine Frage der Schuld“ im Nachlass entdeckt. Eine kleine Sensation, weil damit ein schriftstellerisches Talent zutage tritt, das bisher im übergroßen Schatten des berühmten Mannes verborgen war. Die Veranstaltung findet bei schlechtem Wetter in der St. Thomas Kirche in Bordenau, Am Kampe 3, statt – alles bei freiem Eintritt. Anmeldung mittlerweile dringend geboten: 05032/4434.


Kinder, wie die Zeit vergeht!
693. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 10.8.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Kinder, wie die Zeit vergeht! Eben noch wurden wir fotografiert und jetzt sind es nur noch wenige Wochen bis zur Darbietung zum Thema ZEIT am 3. Oktober 2011 in Bordenau . Wir wollen die Zeit nicht nur witzig, poetisch und geistreich beleuchten, sondern auch die vergangene Zeit in Bordenau erhellen . Vor über zehn Jahren veranstaltete die Stiftung Bordenau die Foto-Aktion MOMENTAUFNAHME. Ein Dorf nahm Platz auf einer Bank, und Werner Schmidt und Ingolf Heinemann fotografierten die Menschen, Gruppen, Vereine und Einzelpersonen . Seither ist viel Zeit vergangen. Manches hat sich verändert. Für unser Projekt am 3. Oktober, bei dem wir einige der Fotos als Projektionen einspielen wollen, suchen wir noch Zeitgenossen und Zeitgenossinnen, vielleicht sogar eine ganze Schulklasse von damals, die sich zu den Fotos und den darauf abgebildeten Menschen und der seitdem vergangenen Zeit äußern möchten. Bitte melden Sie sich bei Martin Drebs Tel.: 05032-1426, damit wir uns zu einem filmischen Interview verabreden können.


Uwe Tellkamp: Der Turm
692. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 27.7.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Uwe Tellkamp hat mit seinem Roman "Der Turm" über die letzten sieben Jahre der DDR Zeitgeschichte geschrieben. Im Zentrum steht Christian, auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Und so wie am 3.Oktober ab 11.00 Uhr in Bordenau die Uhren eine wichtige Rolle spielen, beschreibt Uwe Tellkamp Christians Begeisterung für Uhren: "Christian sah nach der Uhr: sechzehn Uhr sechsundvierzig, bald würde sie schlagen, fünf klangvolle Gongtöne würden durch Zimmer und Haus schweben. Die seltsame Konstruktion der Uhr hatte Christian schon als Kind gebannt, oft hatte er davorgestanden und sich von Meno den Mechanismus des Perpendikels und des Gangwerks erklären lassen: Alle zehn Minuten schlug die Uhr, war es zehn Minuten nach, dann einmal, zweimal bei zwanzig, dreimal bei dreißig und so fort; sechsmal für die volle Stunde, die nach einer Pause ihren Wert geschlagen bekam; war es Mitternacht oder zwölf Uhr, ertönten achtzehn Gongschläge. Was Christian aber am meisten beeindruckte, war die zweite Uhrenscheibe unter dem Ziffernblatt, ein fleckig nachgedunkelter Messingkreis, an dessen Rand der Zodiakus eingraviert war; ein breiter Rahmenzeiger, im Zentrum das Sonnenzeichen, wies die Sternenzeit. In die Kreisfläche waren Sternbilder eingepunzt, die Hauptsterne hatte der Graveur etwas größer als die übrigen markiert und durch Nadelrißlinien miteinander verbunden. Schlangenträger, Haar der Berenike, Nördliche Krone, Walfisch -- Christian erinnerte sich an die Bezauberung, die diese Worte und dann die lateinischen Übersetzungen in ihm bewirkt hatten, wenn Meno sie halblaut und beinahe wehmütig gesprochen hatte vor der Uhr, dabei auf die Gravuren weisend - das erste Mal an einem Abend vor etwa zehn Jahren, als sie ihm, dem siebenjährigen Christian. wie eine unbestimmbare, aber angenehm wirkende Substanz ins Ohr geträufelt waren..."


Musik der Dorfmusikanten klingt aus
691. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 23.7.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Bordenau liest und schreibt und singt und musiziert. Ein guter Klang geht nun zu Ende: Die Blasmusik der Bordenauer “Dorfmusikanten”. Aus Alters- und Gesundheitsgründen muss das 1987 unter anderem von Martin Sorgatz, Werner Kellner und Horst Krüger gegründete Ensemble die Instrumente ablegen. Dabei hatten sie sich in den letzten Jahrzehnten in Bordenau und weit darüber hinaus einen guten Namen gemacht. Legendär waren die Weinfeste, das Dorfmusikantenstadl , das Teichfest sowie die Mitwirkung bei “Bordenau macht Musik”. Außerhalb Bordenaus gab es regelmäßige Auftritte beim Hafenkonzert in Idensen, beim Schaumburger Abend im Schmiedegasthaus in Riepen oder an Himmelfahrt in Bullerdieks Biergarten in Frielingen. Repertoire und Können hatten sich mittlerweile deutlich erweitert, neben der gern gespielten volkstümlichen Blasmusik auch etwas modernere Stücke, auch Tanzmusik und Potpourris zum Beispiel von den "Beatles", von denen es damals hieß, sie seien nicht gesellschaftsfähig, und deren Songs uns heute wie schöne Melodien klingen. Daneben glänzte die Truppe auch mit böhmischen und mährischen Volksweisen. Über 400 Musikstücke zählte die Gruppe zu ihrem Repertoire und konnte damit auf alle Stimmungen und Musikwünsche des Publikums eingehen, auch ein großer Verdienst des seit 1999 tätigen Dirigenten und musikalischen Leiters Franz Bernert. Guter Geist und Vorsitzende war auch seit 1999 die einzige Dame der Gruppe, nämlich Elisabeth Schuhmacher, deren Ehemann Erich auch mitspielte; “Sonst hätte ich das auch nicht gewagt”. Kameradschaft und Zuverlässigkeit schufen Zusammenhalt und Beständigkeit, mit schöner Geselligkeit bei Sommerfest, Radtouren oder Weihnachtsfeier, bei denen die Partner eingebunden wurden. Nun gab es keine Nachfolger, die Stimmen fielen mehr und mehr aus. Jetzt sind alle traurig, da heißt es Abschied zu nehmen. “Ich hätte gern noch weiter gespielt”, sagt Gründungsmitglied und Schlagzeuger Horst Krüger, mit seinen rüstigen 82 Jahren bewunderswertes Urgestein der Dorfmusikanten. Und Elisabeth Schuhmacher ergänzt: “Gut, es gab eben keine Jugendarbeit, wir haben die Musik gemacht, die uns gefallen hat.” Ein guter Klang klingt aus und möge noch lange widerhallen in unserer Erinnerung.


Frauen am Ball
690. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 16.7.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Nun rollt morgen das Finale der Fußball-WM 2011 USA gegen Japan, genauer der Frauen-Fußball-WM. Es hat schon etwas Selbstverständliches, was vor Jahrzehnten undenkbar war. Da hieß es nur: Mädchen machen sowas nicht! Claus von Wagner stellt sich im vorletzten “Kicker” das Ganze einmal umgekehrt vor: DFB-Präsidentin Thea Dreißiger will den Männerfußball verbieten, er sei unästhetisch (besonders beim Spucken) und schade den Männerkörpern. Und wenn Klein-Fritzchen sagt, er möchte Fußballnationalspieler werden, dann sagt ihm die ältere Schwester demnächst nur: “Du bist ein Junge! Du darfst das nicht!” Und Harald von Martenstein macht sich im “Zeitmagazin” Gedanken über die veränderte Sprache der Sportkommentatoren: “Wenn ein Männerspiel schlecht ist, sagt der Kommentator: “Ein grottenschlechter Kick. Fußball zum Abgwöhnen!” Wenn aber ein Frauenspiel unterirdisch schlecht ist, äußert sich der Kommentator immer so: “ Es ist wirklich erstaunlich, welche Fortschritte der Frauenfußball in den letzten Jahren gemacht hat.” Und die HAZ untersucht an jedem Tag ein weiteres Vorurteil gegen Frauenfußball, ob zum Beispiel Abseits oder Elfmeter-Schießen bei den Frauen anders liefe. Nun, wir wollen hier nicht richten über Unterschiede beim Frauen- und Männerfußball, oder Veränderungen in der Männer- und Frauensprache, Lesen tun wir doch auch alle unterschiedlich. Wir wünschen uns jedenfalls gleichermaßen Männer und Frauen, die sich zur hochverehrten Leserschaft zählen! Und ab 5. August dürfen auch die Männer wieder spielen. Wir freuen uns jedenfalls demnächst auf gemischte Mannschaften, Entschuldigung, Frauschaften, mit oder ohne Trikottausch!


Video Battle Turnier
689. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 2.7.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Es handelt sich nicht um Hochkultur, und hat doch tausende junge Künstler erfasst. Es berührt die Sprachkraft Goethes und ist als Sprechgesang doch verpönt: Die Welt der Rapper, aus der HIPHOP-Kultur entstanden, wie Break Dance und Graphitti, worüber unser lesendes Dorf vor einigen Jahren unter der Initiative von Malte Möller auch berichtete. Der Rap begann als Kampfgesang und wird wegen seiner zum Teil rauen Sprache als gewaltverherrlichend abgelehnt. Dabei ist er gerade in den Ghettos Amerikas entstanden, als künstlerischer Kampf, als sogenannter Battle, um direkte körperliche und zerstörerische Gewalt zu vermeiden. Starke Worte und solche, die den Gegner angreifen, gehören dazu. Nun gibt es seit einigen Jahren das VBT : Video Battle Turnier. 2008 kam übrigens der Hagener Moritz Bibow bis ins Finale. Seit diesem Frühjahr treffen dort circa 1000 (!) Jugendliche, überwiegend männlich , zusammen, um sich mit künstlerischen Mitteln zu bekämpfen: Poesie als Waffe! Da werden Beats (Rhythmusfolgen) ausgegeben, zu denen die Teilnehmer Texte texten und im Sprechgesang singen; passend dazu wird ein Film gedreht an selbst gewählten Orten, und schließlich werden Beat, Gesang und Film zu einem Videofilm zusammen geschnitten. Das ist alles nicht einfach und erfordert entsprechende Kompetenzen - und Computer und Kameras. Und das VBT hat sich eigene Regeln gegeben: so hart die Texte auch sein mögen, sie dürfen nicht rassistisch oder sexistisch sein, eine nicht immer einfache Gratwanderung. Ein Bordenauer Rapper ist nun als letzer Neustädter ins 64tel-Finale gekommen: Anton Drebs, 15. Seit Jahren schon mit Rap beschäftigt, Auftritte unter anderen beim Weihnachtsmarkt in Bordenau, hier verrappte er ein altes Gedicht und bei einem Jugendgottesdienst an der KGS zum Thema Kinderarbeit und seit 2010 auch beim VBT, erst mit dem Künstlernamen “Toni Boy”, jetzt nennt er sich “SYNTAX”. Daran hätte auch Goethe wieder seine Freude, bezeichnet dieser grammatikalische Begriff genau das, worum es geht: den besten Satzbau. Wir dokumentieren hier einen seiner frühen, eben auch programmatischen Texte: “Wir sind die nächste Generation, doch manche kennen uns schon: Eltern, Geschwister, Cousins und Cousinen, alle sind dir wohl bekannt, und sie sind außer Rand und Band, wenn sie hören: Ey, krass, kommt alle her, Party 4live (sprich: for live), es schockt so sehr! Ich geb hier den Ton an! Jetzt ist die neue Generation dran!...Die neue Generation zeigt es der ganzen Welt! Das Telefon schellt, ich gehe ran, jetzt ist die neue Generation dran.” Dann viel Erfolg auf dem Weg ins Finale. Alle Videos sind über Youtube einsehbar.


Video Battle Turnier
689. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 2.7.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Es handelt sich nicht um Hochkultur, und hat doch tausende junge Künstler erfasst. Es berührt die Sprachkraft Goethes und ist als Sprechgesang doch verpönt: Die Welt der Rapper, aus der HIPHOP-Kultur entstanden, wie Break Dance und Graphitti, worüber unser lesendes Dorf vor einigen Jahren unter der Initiative von Malte Möller auch berichtete. Der Rap begann als Kampfgesang und wird wegen seiner zum Teil rauen Sprache als gewaltverherrlichend abgelehnt. Dabei ist er gerade in den Ghettos Amerikas entstanden, als künstlerischer Kampf, als sogenannter Battle, um direkte körperliche und zerstörerische Gewalt zu vermeiden. Starke Worte und solche, die den Gegner angreifen, gehören dazu. Nun gibt es seit einigen Jahren das VBT : Video Battle Turnier. 2008 kam übrigens der Hagener Moritz Bibow bis ins Finale. Seit diesem Frühjahr treffen dort circa 1000 (!) Jugendliche, überwiegend männlich , zusammen, um sich mit künstlerischen Mitteln zu bekämpfen: Poesie als Waffe! Da werden Beats (Rhythmusfolgen) ausgegeben, zu denen die Teilnehmer Texte texten und im Sprechgesang singen; passend dazu wird ein Film gedreht an selbst gewählten Orten, und schließlich werden Beat, Gesang und Film zu einem Videofilm zusammen geschnitten. Das ist alles nicht einfach und erfordert entsprechende Kompetenzen - und Computer und Kameras. Und das VBT hat sich eigene Regeln gegeben: so hart die Texte auch sein mögen, sie dürfen nicht rassistisch oder sexistisch sein, eine nicht immer einfache Gratwanderung. Ein Bordenauer Rapper ist nun als letzer Neustädter ins 64tel-Finale gekommen: Anton Drebs, 15. Seit Jahren schon mit Rap beschäftigt, Auftritte unter anderen beim Weihnachtsmarkt in Bordenau, hier verrappte er ein altes Gedicht und bei einem Jugendgottesdienst an der KGS zum Thema Kinderarbeit und seit 2010 auch beim VBT, erst mit dem Künstlernamen “Toni Boy”, jetzt nennt er sich “SYNTAX”. Daran hätte auch Goethe wieder seine Freude, bezeichnet dieser grammatikalische Begriff genau das, worum es geht: den besten Satzbau. Wir dokumentieren hier einen seiner frühen, eben auch programmatischen Texte: “Wir sind die nächste Generation, doch manche kennen uns schon: Eltern, Geschwister, Cousins und Cousinen, alle sind dir wohl bekannt, und sie sind außer Rand und Band, wenn sie hören: Ey, krass, kommt alle her, Party 4live (sprich: for live), es schockt so sehr! Ich geb hier den Ton an! Jetzt ist die neue Generation dran!...Die neue Generation zeigt es der ganzen Welt! Das Telefon schellt, ich gehe ran, jetzt ist die neue Generation dran.” Dann viel Erfolg auf dem Weg ins Finale. Alle Videos sind über Youtube einsehbar.


Günter Thiele
688. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 25.6.2011

Hochverehrte Leserschaft!

“Wie einer ist, wie einer war , im Scheiden erst wird´s offenbar. Wir hören kaum, wenn Gottes Weise summt, und schaudern erst, wenn sie verstummt.” (nach Rainer Maria Rilke). Wir trauern um Günter Thiele.


"Gründe" von Erich Fried
687. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 18.6.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Poesie kann Mut machen und trösten. Doch manchmal gibt es auch Gründe, warum es nicht so gut klappt. Dazu das Gedicht “Gründe” von Erich Fried, der in den neunziger Jahren auch in Neustadt am Rübenberge war:

“Weil das alles nicht hilft
Sie tun ja doch was sie wollen
Weil ich mir nicht nochmals die Finger verbrennen will
Weil man nur lachen wird:
Auf dich haben sie gewartet
Und warum immer ich?
Keiner wird es mir danken
Weil da niemand mehr durchsieht
sondern höchstens noch mehr kaputtgeht
weil jedes Schlechte vielleicht auch sein Gutes hat
Weil es die Sache des Standpunktes ist
und überhaupt, wem soll man glauben?
Weil auch bei den anderen nur
mit Wasser gekocht wird
Weil ich das lieber
Berufeneren überlasse
Weil man nie weiß
wie einem das schaden kann
Weil sich die Mühe nicht lohnt
weil sie alle das gar nicht wert sind“
Das sind Todesursachen
zu schreiben auf unsere Gräber
die nicht mehr gegraben werden
wenn das die Ursachen sind.”

Wir werden dennoch weitermachen!


Junigedicht von Wilhelm Busch
686. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 1.6.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Jetzt ist der Mai vorbei und die Welt dreht sich weiter. Gibt es eigentlich kein schönes Juni-Gedicht?
Doch, wir haben eins gefunden – von Wilhelm Busch!

Den Jahreszeiten allen
Selbviert sei Preis und Ehr!
Nun sag ich: Mir gefallen
Sie minder oder mehr.
Der Frühling wird ja immer
Gerühmt, wie sich's gebührt,
Weil er mit grünem Schimmer
Die graue Welt verziert.
Doch hat in unsrer Zone
Er durch den Reif der Nacht
Schon manche grüne Bohne
Und Gurke umgebracht.
Stets wird auch Ruhm erwerben
Der Herbst, vorausgesetzt,
Daß er mit vollen Körben
Uns Aug und Mund ergötzt.
Indes durch leises Tupfen
Gemahnt er uns bereits:
Bald, Kinder, kommt der Schnupfen
Und's Gripperl seinerseits.
Der Winter Kommt. Es blasen
Die Winde scharf und kühl;
Rot werden alle Nasen,
Und Kohlen braucht man viel.
Nein, mir gefällt am besten
Das, was der Sommer bringt,
Wenn auf belaubten Ästen
Die Schar der Vöglein singt.
Wenn Rosen, zahm und wilde,
In vollster Blüte stehn,
Wenn über Lustgebilde
Zephire kosend wehn.
Und wollt' mich Einer fragen,
Wann's mir im Sommer dann
Besonders tät behagen,
Den Juni gäb ich an.
Und wieder dann darunter
Den selben Tag gerad,
Wo einst ein Kindlein munter
Zuerst zu Tage trat.
Drum flattert dies Gedichtchen
Jetzt über Berg und Tal
Und grüßt das liebe Nichtchen
Vom Onkel tausendmal.


Robert Schumann
685. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 25.5.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Frei, aber einsam? Einsam, aber frei? So starb Komponist Robert Schumann 1856. Am nächsten Freitag, dem 27. Mai 2011, kommt es ab 20.00 Uhr im Schloss Landestrost zu einer Aufführung von Teilen seines Werkes und einer kurzen Lebensbeschreibung (die Neustädter Zeitung berichtete). Von seiner Frau Clara Schumann, geborene Wieck , wurde Schumann mehr oder weniger ins noble Irrenhaus nach Endenich bei Bonn gedrängt; der Bordenauer Büchergarten beleuchtete 2007 in einer eindrucksvollen Lesung deren Leben. Der lesende Nordkreis und “Bordenau liest” hatten zusammen mit der Musikschule im Jahre 1998 in Mandesloh Peter Härtling zu Gast, der in seiner besonderen literarischen Biografie “Schumanns Schatten” eine letzte fiktive Begegnung Claras mit ihrem Mann schildert, die so eben nie stattgefunden hat: “ Sie ist eine Frau, die viel Raum braucht, vielleicht, weil sie häufig auf der Bühne steht. Alle anderen traten zur Seite. Schumann hat sie sofort erkannt. Und er ist doch wirklich schon aus der Welt gewesen. Er hat die Arme gehoben, wieder sinken lassen und wieder gehoben und sich im Bett aufgesetzt. Sie hat sich neben das Bett gekniet. Ihr Kleid raschelte. Wieder hat er die Arme gehoben, sehr langsam, gegen ein großes Gewicht, und sie umarmt. Lange haben sie sich in den Armen gelegen. Das ist wahr. Die anderen haben den Atem angehalten. Und ich habe nicht mehr hingesehen,” lässt Peter Härtling den Pfleger Robert Schumanns erzählen. Doch die Forschung widerlegt das. Uwe Hendrik Peters schreibt dazu in seiner Biografie “Gefangen im Irrenhaus”: “Clara kannte ihren Robert tatsächlich am besten. Sie hätte daher mühelos seine geistige Gesundheit feststellen können, wenn sie es darauf angelegt hätte. Getan hat sie aber das genaue Gegenteil. Wie soll man sich erklären, dass sie ihn niemals besucht hat?” Warum wohl nicht? Machen Sie sich selbst am Freitag ein Bild und genießen Sie bei sommerlichen Temperaturen allerbeste Musik.


ZEIT
684. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 18.5.2011

Hochverehrte Leserschaft!

“Wissen Sie, wie spät es ist?” wurde der Kabarettist Werner Fink in den 1930er Jahren gefragt. “Kann ich nicht, denn da müsste ich Ihnen etwas über unsere Zeit sagen!” soll er mit Anspielung auf die problematischen politischen Verhältnisse geäußert haben. Und Bertolt Brecht ergänzte in den 1940er Jahren in seinem “Gedicht an die Nachgeborenen”: “Wirklich ich lebe in finsteren Zeiten, wo das Gespräch über Bäume fast schon ein Verbrechen ist, weil es das Schweigen über soviel Untaten einschließt”. Heute könnten wir fortschreiben, man müsse über Bäume sprechen, weil soviel Untaten mitbesprochen werden können, denken wir allein an die Umweltzerstörungen. Oder: alle eine Million Jahre ein Atomunfall, Kinder wie die Zeit vergeht! Nun, gar so fukuschimatisch oder tschernobolisch braucht es am 3. Oktober 2011 nicht zuzugehen, wenn sich unsere singende, schreibende und lesende Initiative mit dem Thema ZEIT beschäftigt. Finden Sie es noch zu früh , darüber zu sprechen? Was ist ZEIT überhaupt? Welche Zeitbögen spannen sich in die Zukunft? Haben Sie Ihren Urlaub Anfang Oktober schon gebucht? In welchen Zeitmaßen erinnern wir uns zurück? Erinnerungen an die Zukunft, lächelt Erich von Dänicken und hat eine passende Welterklärung parat. In welchen Zeiten leben wir eigentlich? Oder unser Nachbar? Oder Burundi? Wie ticken eigentlich die Weltreligionen? Oder was passiert in einem Moment weltweit alles gleichzeitig? Das wollen wir sammeln und präsentieren, ähnlich wie Walter Kempowski mit seinem Sammlungserinnerungswerk “Echolot”, wo er Tagebücher, Briefe und Notizen zu bestimmten Tagen der 1940er Jahre veröffentlichte. Jugend früher und heute, wäre ein schönes Thema. “In diesen Fluss steigst du kein zweites Mal”, soll ein griechischer Philosoph gesagt haben, als er das Wesen der Zeit zu fassen suchte und nach immer kleineren fassbaren Zeiteinheiten suchte, bis in unsere Zeit, in der die Schnelligkeit uns bis zur Hetze vor sich her treibt und Herman van Veen singen muss: “Geh weg, geh weg, wir haben keine Zeit...! ”Haben wir mit der Sommerzeit eine Stunde gewonnen oder verloren? Lassen Sie uns also den Augenblick genießen, jenen Anfang der Ewigkeit, und wenn die Welt voller Uhren wäre (oder unsere Sportkulturhalle), für Sie, hochverehrte Leserschaft, nehmen wir uns seit vierzehn Jahren jede Woche ein bisschen Zeit. Nun nehmen Sie sich den Moment, einmal darüber nachzudenken: Die Kolumne als ZEIT-Denk-MAL! Und vielleicht gibt es ja am 3. Oktober die Wochenzeitschrift “Die Zeit” für alle Besucher umsonst! Bis dahin zweimal wöchentlich die Neustädter Zeitung preiswert!


Stephanie Jans: Bordenauer Künstlerin und Verlegerin
683. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 14.5.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Heute ehren wir die Bordenauer Künstlerin und Verlegerin Stephanie Jans. Sie sieht sich selbst als besondere “Schamanin des Wortes”. Im Interview bekennt sie: “Nachdem ich ca. 20 Jahre lang eifrig alles geschrieben habe, was mir wichtig war - Gedichte, Geschichten, Rezensionen, Reden, Sachtexte - wurde mir die immerhin selbstgezimmerte Schublade "wortschaffende Künstlerin" viel zu eng. Ebenso wie sich meine literarischen und lyrischen Arbeiten veränderten, was sich etwa in den "Gebeten für alte Göttinnen" oder der "Drachenfrau" ausdrückt, veränderte sich auch mein Bild dessen, was ich mit meinem Schreiben erreichen möchte. Grundsätzlich ist Schreiben, sofern es nicht Selbstbeweihräucherung, Tagebuch oder Schnulz sein soll, immer auch eine Transformation vom persönlich Erfahrenen und Begriffenen in eine für viele verständliche und so ebenfalls begreifbare Erfahrung, ausgedrückt in Symbolen und Geschichten. Und nachdem ich über Liebe, Tod, Verlust und Freude viel und sehr Unterschiedliches geschrieben habe, habe ich während meiner schamanischen Ausbildung erkannt, wie ich mit meiner Wortarbeit eine tiefere Dimension erreichen kann.” Und so hat sie sich aus verschiedenen realistischen Schreibweisen, die doch immer schon mit phantastischen Elementen gemischt waren, in eine besonders tiefsinnige Poesie gewagt. Kostprobe gefällig? “Es ist ein/ stiller Wald der Steine,/ in dem ihr so sanft ruht./ Gewiegt vom Wind im Licht der Sterne, / beschützt vom Grün der alten Bäume. / Im Blattgrün raunen eure Leben / und mein Atem klingt hindurch./ Im Wald der stillen Steine / blüht Liebe/ neben jedem Meißelwort.” Nun ist Stephanie Jans in der nächsten Woche bei den Wunstorfern Literaturtagen zu erleben (Die Neustädter Zeitung berichtete), und zwar am Donnerstag, dem 19.Mai ab 20.00 Uhr in der Abtei mit Magischem vom Moor und Meer. Als Lyrikerin nähert sie sich mit grüner Feder den magischen Seiten der Landschaft rund um das Steinhuder Meer. In Kräutergebeten, mit Rindenrunen und allerlei Überraschungen in kurzer Prosa und Lyrik bringt sie unbekannte Facetten von Moor und Meer zu Gehör.


Literarischer Blumenstrauß? Mitnichten!
682. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST mit der Neustädter Zeitung vom 7.5.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Kurz vor Muttertag ein literarischer Blumenstrauß? Mitnichten! Unser Literaturnobelpreisträger von 1929, Thomas Mann, meldet sich mit einer Rundfunkansprache vom 29.Mai 1944 an unsere hochverehrten “deutschen Hörer”, um die Ereignisse in den neuen Kriegen zu kommentieren: “ Zu Anfang des Krieges, als die Engländer Deutschland mit “leaflets”, mit kleinen Propaganda-Broschüren bombardierten, erzählte man sich die Geschichte, wie ein englischer Pilot mit der Meldung zurückgekommen sei, die Umstände hätten ihm keine Zeit gelassen, die Verschnürung zu lösen und seine “leaflets” einzeln auszustreuen; er habe rasch das ganze Paket auf einmal hinunterwerfen müssen. “For heaven´s sake!” soll sein Vorgesetzter zu ihm gesagt haben. “Haben Sie nicht daran gedacht, dass Sie jemanden verletzten könnten?” - Über die Geschichte ist viel gelacht worden. Sie mag erfunden sein, aber sie ist charakteristisch für die Gemütsverfassung, in der die zivilisierten Völker ... in diesen Krieg gegangen sind. Widerwillig, seelisch so unvorbereitet wie materiell, ohne rechte Ahnung, was das eigentlich sei....Und dann haben sie gelernt. Langsam, in demselben Zeitmaß, in dem sie ihre physische Aufrüstung nachholten, haben sich England und Amerika auch seelisch auf Kriegsfuß gebracht...Die freien Völker wissen und fühlen tief, dass sie durch dieses Kondeszendieren zu den Mitteln des Gegners, dieses Herabsteigen zur Gewalt, Schaden nehmen an ihrer Seele."


Wunstorfer Literaturtage
681. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 30.4.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Das darf ja wohl nicht wahr sein. Bei den Wunstorfer Literaturtagen, dutzende Lesungen und Buchvorstellungen von Autoren aus der Meerregion vom 14. bis 22. Mai 2011 in der Abtei, Wasserzucht, die von dem Neustädter Rübenberger Verlag veranstaltet werden, sind neben Verlegerin Tanja Weiß insgesamt vier Neustädter Schreib- und Leseaktionen vertreten, so am Sonntag, dem 15.Mai, der Büchergarten Bordenau ab 15.30 Uhr mit einer Lesung im Literaturcafé: Der Spatz von Paris Edith Piaf (1915-1963). Edith Piaf, auf dem Regenmantel eines Pariser Polizisten in einem Hauseingang geboren, lebte als Straßensängerin am Pigalle unter Zuhältern und Dirnen. Ulla Domke, Helene Köhler, Johanna Korte und Vera Urich lesen aus dem bewundernswerten Bekenntnis dieser kleinen, großen Frau. (Eintritt frei).Am Dienstag, dem 17.Mai geht es um 19.30 Uhr weiter mit einer Lesung von Renate Beermann: Wenn die fremde Frau kommt. Die Neustädter Autorin liest aus der 5. Auflage ihres Kurzgeschichtenbandes, der in lustigen, nachdenklichen und rührenden Geschichten Einblick in das Umfeld der häuslichen Pflege bietet. Tatsächliche Erlebnisse und Anekdoten zeichnen ein reales Bild der Betreuer und vor allem der Menschen, zu denen die “fremde Frau” als Pflegerin kommt. (Eintritt 6 EUR) Am Mittwoch, 18. Mai 2011 gibt es ab 16.00 Uhr eine Werkstattschau der Bordenauer Schreibwerkstatt unter der Leitung von Martin Drebs: Lebensabend mit Goldrand oder Die zweite Erfindung des Glücks. (Eintritt frei) Und abends ab 19.30 Uhr die Lesung von Paul FF. Cornelius: Mediapolis, Ein Roman über Medienkonsum und die Folgen: der Neustädter Autor legt mit seinem Buch eine Art “Bilder”-Erzählung der fantastischen Art vor, eine Collage aus verschiedenen Schreibstilen, die vielfältige Aspekte des Sehens, Erkennens und der Wahrnehmung von Bildern thematisiert. Ein Guck-mal-wieder-hin-Buch der besonderen Art! (Eintritt 6 EUR) Ja, übernehmen wir denn die Wunstorfer Kulturszene? Aber gemach, es gibt noch viele andere tolle Veranstaltungen.


Zwischen Karfreitag und Ostersonntag
680. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 23.4.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Zwischen Karfreitag und Ostersonntag, zwischen Kreuzigung und Auferstehung liegen diese Worte. Das Christentum sieht nach der Menschwerdung Gottes auch das Leid, das diesem Menschen angetan wird, und er selbst bleibt ganz allein zurück und fragt Gott: “Warum hast du mich verlassen?” Dieses Kreuz der Hinrichtung wurde zum zentralen Zeichen des Christentums, nach Georg Groddeck also ein Folterinstrument! Und manche bleiben am Karfreitag hängen, an dem düsteren Ende einer Utopie, die den “Aufstand der Schwachen gegen die Starken” durch die Tötung des Religionsstifters gewaltsam beendet. Besiegelt scheint die Niederlage und der Sieg des Bösen, der unausweichliche Tod wird zum eigentlichen Bekenntnis des dann doch unmöglichen besseren Lebens. Doch die Geschichte geht weiter, wir wissen um das Bild der Auferstehung Christi, die damit stellvertretend das Weiterleben des Menschen in einer überirdischen Gemeinde Gottes garantiert. Wenn diese Erlösung komme, dann könnten die Christen aber allesamt erlöster dreinschauen, meint Friedrich Nietzsche. Und er hat ja Recht: Liebe, Glaube , Hoffnung tragen uns über den Tag hinaus, sie lassen uns spüren und hoffen auf eine neue Welt, in der manches, wenn nicht alles besser wird als hier unten. Das meint Religion als Protestation gegen das falsche Leben mit Krieg, Gewalt, Gleichgültigkeit, Flüchtlingswellen, Missbrauch und Umweltzerstörungen; diesem Protest können wir uns getrost anschließen. Und in diesem Sinne für alle ein richtig fröhliches Osterfest! Und unseren kranken Nachbarn auch!


Der Arzt im Dorf
679. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 16.4.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Noch während die Boygroup sich zu Vorsitzenden aufschwingen und gleichzeitig nach guten Landärzten suchen, feiern wir in Bordenau das fünfundzwanzigjährige Jubiläum unseres beliebten Arztes. Und mit dem herzlichsten Glückwunsch verbinden wir ein Lob an alle Ärzte im Neustädter Land und beantworten mit Eugen Roth die Frage: wie muss er sein, Der gute Arzt?
“Die Antwort hab´ ich da geschwind:
So, wie gottlob fast alle sind!
Der gute Arzt ist nicht zu zärtlich,
Doch ist er auch nicht eisenbärtlich.
Nicht zu besorgt und nicht zu flüchtig,
Er ist, mit einem Worte, tüchtig.
Er ist ein guter Mediziner,
Erst Menschheits-, dann erst Geldver-Diener.
Gesunde fühlen sich wie Götter
Und werden leicht am Arzt zum Spötter.
Doch bricht dann eine Krankheit aus,
Dann schellen sie ihn nacht heraus
Beim allerärgsten Sudelwetter
Und sind ganz klein vor ihrem Retter.
Der kommt - nicht wegen der paar Märker,
Die Nächstenliebe treibt ihn stärker,
(Schlief er auch noch so süß und fest)
Zu kriechen aus dem warmen Nest.
Behandelt drum den Doktor gut,
Damit er Euch desgleichen tut.”

Fortsetzung folgt mit Franz Kafkas “ Ein Landarzt”.


Ostermärchen
678. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 13.4.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Es war ein Ostermärchen, das spielte in einem nicht allzu fernen Land, in dem seit Langem eine Königin herrschte. Über dieses Land waren zu Ehren der Wissenschaften siebzehn riesengroße, weiße Eier aufgestellt, die allesamt mächtige Energien ausbrüteten, um die Menschen damit zu versorgen. Doch eine große Gefahr bargen die weißen Eier, denn wenn irgendetwas passieren würde, was die Versorgung dieser Eier unterbricht, dann können die Eier überbrüten und ihre Schalen könnten platzen und all die Kraft, die sie sonst so kontrolliert hervorbringen, würde sich mit verhängnisvollem Verderben über das Land legen. Das Volk und ein Teil des Hofes waren sich uneins über die Einschätzung der Gefahr. Ein Großteil des Volkes rebellierte und versammelte sich um die Eier. Da erwachte die Königin und handelte und ließ sieben der Eier stilllegen. Und das Volk, das die Eier für gefährlich hielt, jubelte und freute sich, dass ein Teil der Gefahr vorüber sei. Und so konnten sie beruhigt Ostern feiern und in Erinnerung an die ehemaligen weißen Jumbo-Eier beschenkten sich die Menschen mit kleinen bunten Eiern und spielten das Eier-Knitschspiel damit: Dabei werden zwei Eier von zwei Spielern aufeinander gehauen und geprüft, welche Schale platzt. Der andere darf dann zum Triumph “Atomleck” sagen und der andere muss alles aufräumen.


Neu eingerichtete Bücherbude
677. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 6.4.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Die Bücherbude Bordenau auf der Bordenauer Straße 10 erstrahlt in neuem Glanz: Zwei neue Regale zieren jetzt die Räumlichkeiten, so dass der interessierte Leser schneller sein Lieblingsbuch finden kann: Reisebücher, Heimatbücher, Kinderliteratur und natürlich jede Menge Belletristik, das heißt schöne Literatur wie Romane zum Beispiel. Seit fast drei Jahren bietet unsere Initiative die kostenlose Nutzung an, denn hier kann Schmökern, Tauschen, Leihen oder gegen eine kleine Spende auch ein Buch erwerben. Und jetzt, wo wieder Platz ist, kann man sich einfach hinsetzen und lesen. Wir freuen uns auch über Bücherspenden, denn wir versuchen, für alle zugänglich Literatur anzubieten. Demnächst planen wir wieder eine kleine Veranstaltung und haben auch schon wieder ein paar Bücher für die Tafel in Neustadt umsonst abzugeben. Die Bücherbude ist geöffnet zu den entsprechenden Öffnungszeiten der Apotheke, denn hier kann man auch lesen, was gesund macht.


Gospelcontact
676. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST vom 2.4.2011

Hochverehrte Leserschaft!

Kaum sind die letzten Klänge von “Bordenau macht Musik“ verklungen, da lassen sie schon wieder singen: Mit dem hannoverschen Gospelchor “gospelcontact” am Samstagabend, dem 2.April 2011, ab 19.00 Uhr in der St.Thomas-Kirche. Und Bordenau könnte man gleich in Beethoven-now umbennen, denn das große Finale Mitte März endete furios zu den Klängen von “Freude schöner Götterfunken”, wenn auch mit einem sehr modernisierten Text. Jetzt nimmt sich “gospelcontact” der gleichen Komposition an, der in dem Film “Sister Act” mit englischem Text aufgeführt wurde und tanzt auch noch dazu: “Joyful, joyful, Lord, we adore Thee. God of Glory, Lord of Love. Hearts unfold like flowers before Thee, hail Thee as the sun above. Melt the clouds of sin and sadness, drive the dark of doubt away. Giver of immortal gladness, fill us with the light. Fill us with the light. Oh, fill us with the light of day.” Unser Gospelchor sang ja auch auf englisch, hier nun die sinngemäße Übersetzung: “ Voller Freude beten wir Dich an. Gott des Glanzes, Herr der Liebe. Wie Blumen gehen deine Herzen auf vor Dir, heil Dir wie der Sonne droben. Zerstreue die Wolken der Sünde und Traurigkeit, schick die Dunkelheit des Zweifels hinweg. Du Geber unsterblicher Freude, erfülle uns mit Licht, erfülle uns mit Licht, mit dem Licht des Tages.” Wenn das der olle Beethoven und der dichtende Schiller noch hätten erleben dürfen... Doch unter der Leitung von Darius Rossol werden die etwa 30 Sänger und Sängerinnen auf jeden Fall ihr Bestes geben, um Sie bei freiem Eintritt emotional ins Licht mitzureißen!

GEDOK und Literatur
675. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST

Hochverehrte Leserschaft!

Am Sonntag, dem 27. März, werden im Schloss Landestrost ab 14.00 Uhr rund 40 Werke von Mitgliederinnen der Künstlerinnenvereinigung GEDOK e.V. versteigert, darunter sind Gemälde, Skulpturen und Kleidungsstücke. Die Gedok ist eine der ältesten und größten Künstlerinnenvereine der Welt. Sein Name leitet sich aus der Gemeinschaft Deutscher und Österreichischer Künstlerinnenvereine aller Kunstgattungen ab. Aber die GEDOK beheimatet nicht nur bildende Künstlerinnen, sondern auch Literatinnen. So vergibt sie alle drei Jahre auch den "Ida Dehmel Literaturpreis" für das Gesamtwerk einer deutschsprachigen Autorin. Er ist mit 5.000 Euro dotiert und wird inzwischen vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Der Preis wurde 1967 von der Unternehmerin und Dichterin Marierose Fuchs in ihrer Funktion als Fachbeirätin für Literatur der GEDOK Mannheim für deutsche Literatinnen ausgelobt und erstmals 1968 an Hilde Domin verliehen. Marierose Fuchs verfügte, dass der Preis nach ihrem Tode für weitere zehn Jahre durch Zuwendungen aus ihrer Firma gesponsert wurde. Die Preisträgerinnenliste liest sich wie eine eigene deutschsprachige (weibliche) Literaturgeschichte: 2010 Ulla Hahn - 2007 Doris Runge - 2004 Kerstin Hensel -2001 Helga M. Novak - 1998 Herta Müller (u. a. Literaturnobelpreisträgerin 2010, 1995 Elke Erb - 1992 Sarah Kirsch - 1989 Brigitte Kronauer - 1986 Eva Zeller, 1983 Barbara Frischmuth - 1980 Ingeborg Drewitz - 1977 Rose Ausländer 1975 Margot Scharpenberg - 1971 Erika Burkart 1968 Hilde Domin. Ihre Werke seien hiermit herzlichst zur Lektüre empfohlen.


Bordenau macht Musik
674. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST

Hochverehrte Leserschaft!

Erst mussten wir all die Jahre lesen, jetzt müssen wir auch singen! Aber gerne! Am nächsten Samstag, dem 19. März 2011, heißt es deshalb ab 19.00 Uhr in der Sportkulturhalle wieder: Bordenau macht Musik. Vier Chöre und drei Musikgruppen wirken hier zusammen (die Neustädter Zeitung berichtete) und vereinigen sich im großen Finale zu Beethovens “Ode an die Freude” mit dem folgenden Text, den auch das Publikum mitsingen könnte.


Jubiläum
673. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST

Hochverehrte Leserschaft!

Es war ein Jubiläum der besonderen Art: “Bordenau liest” wurde mündig. Vom Friedrich-Bödecker-Kreis initiiert gab es in vierzehn Jahren 12 Großlesungen jeweils zum Tag der deutschen Einheit, 680 Kolumnen jede Woche in unserer Neustädter Zeitung, Dutzende kleiner und großer Lesungen von “Literaturen der Welt” über Ingeborg Bachmann bis zur literarischen Sauna. Heiteres, Verwegenes, Experimentelles, an verschiedenen Orten wie Sportkulturhalle und auf dem Bauernhof Ehlers, mit Partnern vom Fanfarencorps über den TSV Bordenau (bei der WM!) und die Kirche bis zum Männergesangverein, Kabarett und Melancholisches, Schreibwerkstätten unter anderem mit “Melissa lernt fliegen”, die tapfere Bücherbude in der Apotheke. Viel Ehrenamt, wenig Aufwandsentschädigung, viel Ruhm: der Kampf ums gute Wort! Gefördert immer wieder vom Kulturamt (sprich: Team Kultur) der Region Hannover, durchgängig von der Stiftung Bordenau und stellvertretend für viele andere soll hier nur Juwelier Bielert genannt werden, der uns immer unkonventionell unterstützte. Über 250 Mitwirkende aus Bordenau und der Umgebung , jung und alt, meist älter, doch mit jugendlichem Elan und mit der Jugend zum Beispiel bei der HIPHOP – Veranstaltung. Wissen Sie noch? Dabei entstand ein Graffiti-Ortsschild für Bordenau, das wir mit Zustimmung der Region an der Brücke anbrachten (“Was macht ein Deutscher, wenn er einen Bahnhof besetzen will? Er löst sich eine Bahnsteigkarte!” Alles immer vielfältig begleitet von der Bordenauer Heimatseite , global gepflegt von Klaus Detering und sorgfältig archiviert von Claus-Dieter Gelbke. Ebenso die Videodokumentationen durch Peter Breitenstein, Klaus Detering und Gerhard Scholz. Und so haben wir am ersten Märzsonntag gefeiert, umrahmt von von dem “Milchwald”-Bühnenprospekt von Anna Scholz; okay, es konnten nicht alle kommen, doch


Zwiesprache
672. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST

Hochverehrte Leserschaft!

Ein Gedicht steht am Anfang und Ende einer besonderen Ausstellungseröffnung im Schoss Landestrost am Samstag, dem 5.März 2011, ab 16.00 Uhr. Die Künstlerinnenvereinigung GEDOK e.V. zeigt Werke von nahezu 30 Künstlerinnen zum Thema ZWIESPRACHE. Anlass genug für Pia und Andreas Hagemann (Musik) und Marita Hütig und Martin Drebs (Rezitationen) Texte und Musik in ein gemeinsames Gespräch zu bringen, unter anderem mit Texten aus Goethes WAHLVERWANDTSCHAFTEN, von Erich Fried über Paula Modersohn-Becker bis Martin Buber. Und eben dieses besondere Gedicht von Rose Ausländer: “Wir wohnen Wort an Wort, sag mir dein Liebstes. Meines heißt: Du”! Anschließend kommen die zwiesprachigen Konzepte der Künstlerinnen zu Wort. Alle sind herzlich willkommen, der Eintritt ist frei, Gesprächsbereitschaft muss mitgebracht werden.


Tausendundeine Nacht
671. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST

Hochverehrte Leserschaft!

Kein Mensch weiß, wie subtil Literatur auf gesellschaftliche Prozesse einwirkt. Im Zusammenhang mit den Vorgängen in Ägypten hat die Arabistin Claudia Ott in der HAZ Anfang Februar (Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 5.2.2011, d. Red.) auf literaturhistorische Bezüge hingewiesen: “ Die Schriftsteller und Kulturschaffenden haben sich bisher aus meiner Sicht viel zu spärlich zu dem Konflikt geäußert. Ein Romancier sagte vor ein paar Tagen, dass die Schriftsteller ohnehin genau das immer beschrieben hätten, was jetzt passiert: Sie hätten das Schicksal der kleinen Leute beleuchtet und deren marode Verhältnisse kritisiert, seien aber nie ernst genommen worden. Man habe ihre Literatur als Unterhaltung konsumiert und nicht bemerkt, was für eine soziale Sprengkraft darin liege. Jetzt erhöben sich genau die Menschen zum Aufstand, von denen es die Schriftsteller schon immer gesagt hätten. Es ist also eine gewisse Genugtuung da. Aber auch Frust darüber, dass die Kulturschaffenden selbst nicht das bewirken konnten, was sie mit ihrer Literatur schon längst hatten bewirken wollen. Frage: Dabei ist diese Tradition sehr alt. Findet sie sich schon in Tausendundeiner Nacht? Tausendundeine Nacht wird tatsächlich oft als Handwerker- oder Kaufmannsspiegel bezeichnet. Die Geschichten schildern ja gerade die Erlebnisse im Leben der kleinen Leute. Ein Tuchhändler sitzt in seinem Laden und wartet. Nichts passiert. Dann kommt eine schöne Frau vorbei, lüftet ihren Schleier, schwarze Augen blicken darunter hervor, und schon ist es um unseren kleinen Händler geschehen. So gehen viele Geschichten aus Tausendundeiner Nacht los. Sie spielen gerade nicht unter gut betuchten Edelleuten, sondern im Milieu der einfachen Leute in den großen Städten der arabischen Welt. Das ist eine bedeutende Tradition, die sich bis in die moderne arabische Literatur und zu den zeitgenössischen Schriftstellern gehalten hat. Und jetzt, im Jahr 2011, gehen diese kleinen Leute, die seit Jahrhunderten, ach, seit Jahrtausenden schweigend und duldsam in ihren Läden sitzen, auf die Straße. Jetzt geht es damit zu Ende. Ganz Ägypten reibt sich die Augen vor Staunen.”


Grußwort an Stephan Jacob
670. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST

Hochverehrte Leserschaft!

Am Anfang war das Wort. Und das Wort war bei Gott dem Herrn, und es wurde , um wirksam zu werden, sicher schon kräftig und deutlich ausgesprochen – mit der Stimme des Herrn. Einer, der nun weiterzieht, hat dieses Wort auch stark erfüllt. Zum “Herrn der Stimmen”, wie Rezitator Rufus Beck einst genannt wurde, brauchte es nicht zu kommen, aber genauso artifiziell, variantenreich und ausdrucksstark waren seine zahllosen Lesungen im Neustädter Land. Er kam als Koopmann, blieb Stephan und geht als Jacob. Das ist hier kein Nachruf, sondern eine Empfehlung für Lüneburg, nur damit die neue Gemeinde auch weiß, was wir hier verlieren, beziehungsweise verleihen mit der Bitte um Rückgabe. Denn seine Verdienste ums Lesen sind buchenswert. So seine Harry-Potter-Lesungen, die ihm auch Vorwürfe der Gotteslästerung einbrachten. Also ein der Magie zugeneigter Pastor? Ein Hexenmeister im Talar? Mitnichten! Er ist sprechender Christ durch und durch und bezog in den Jahren entschieden theologische Positionen (so zu Schuld und Sühne) und ambitionierte sozialpolitische Haltungen (so zur Wohlfahrtfunktion der Kirche) Auf unserem Bordenau-liest-Foto von 2003 ist er zur Vorbereitung von “Nathan der Weise” noch zu sehen, doch dann zog es ihn mehr mit eigenen rezitatorischen Plänen in die Innenstadt in die Liebfrauenkirche, so mit Passionsgeschichten und Joseph Roths HIOB. Lesen heißt auch: Spuren folgen, und so lief der Marathonmann mit den Siebenmeilenstiefeln manchem Dünnbrettbohrer davon und besiegte die Einsamkeit des Langstreckenläufers auch auf Bordenauer Wegen mit der Gewisssheit, sein Antritt hielte die Welt in Schwung. Und dann machte er immer mehr für die Kinder, sie wurden seine wirklichen Fans und Geforderten, ihnen las er mit allen seinen Möglichkeiten und kraftvollen Worten vor und fand in ihnen die vitale Resonanz, die weiterwirkt. Und alle kamen sie, kurz vor Acht bei der Arche ins Schloss Landestrost, um sich noch einmal mit seiner Wortakrobatik über die drohende Abreise zu trösten. Werden wir uns einst – einst in der doppelten Bedeutung des Vergangenen wie des Zukünftigen “nach der Lüneflut” in neuer Stadt wiedersehen? Schön wär´s: ein Mann, ein Wort!


Gustav Kohne (1879 bis 1961)
669. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST

Hochverehrte Leserschaft!

Die Brücke ist zwar wieder auf, doch gibt es vielleicht beim nächsten Hochwasser endlich wieder einen Fährdienst !? Der tendenziöse Heimatdichter Gustav Kohne ** (1879 bis 1961) schildert in seiner Scharnhorsttrilogie “Waffenschmied des Volkes” von 1933 jedenfalls eindrücklich, wie schwierig die Überquerung sein mochte und wie sehr man auf der einen wie der anderen Seite und mittendrin festhängen konnte: “Mächtig wühlten die braungelben Fluten des Leineflusses dahin. Der alte Fährmann Haberkamp, der eben den Wollhändler Seutebeer aus Wunstorf nach Bordenau übergesetzt hatte, kraulte sich im Nackenhaar und dachte: „Wenn er bei Sprengel sitzen bleibt und nach dem üblichen Grog auch noch ein paar Wacholderschnäpse überkippt, so kann er über die Brücke in Neustadt nach Hause zurückfahren.“ Und wie er dachte, so kam´s. Schon nach einer Stunde trat das Wasser aus den Weiden, und ehe es Abend wurde, hatte es sich über die ganze Wiesenniederung zwischen den Rittergütern Poggenhagen und Liethe ergossen. Der Verkehr zwischen dem Kirchdorfe Bordenau und der reichlich eine Stunde weit entfernten Stiftsstadt Wunstorf war bis zum Zurücktreten des Wassers unterbrochen. Der alte Haberkamp knurrte und tat´s nicht ohne Grund: kam er doch mit seinem Fährhause ins Wasser zu sitzen wie eine Wildente, die sich mitten im Flat auf einem heraustretenden Gras- oder Heidewulst ihr Nest eingerichtet hat. Nur gut, daß er mit genügend Kautabak versehen war und er einen Holzvorrat für mindestens dreihundert Paar Klumpschuhe auf dem Boden liegen hatte.”

** Gustav Kohne stammt aus Brelingen und war Lehrer und Heimatschriftsteller; er schrieb Dramen und Romane, u. a. eine Scharnhorst-Trilogie, deren Handlung auch in Bordenau spielt. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten unterschrieb Gustav Kohne im Oktober 1933 gemeinsam mit weiteren 87 Schriftstellern das Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler. Weitere Infos auf Wikipedia.


Beethoven
668. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST

Hochverehrte Leserschaft!

Es ist unmöglich mit Worten zu beschreiben, und doch versucht Peter Tenge mit Hilfe von Sten Nadolny, Milan Kundera , Carl Zuckmayer und Thomas Mann das Unmögliche: Ludwig van Beethovens Klaviersonate c-Moll opus 111, 1. und 2. Satz zu Gehör und zum Verständnis zu bringen. Ulli Rasokat spielt im Wechsel mit den von Peter Tenge dargebotenen Texten die Sonate auf dem Klavier am Freitag, dem 28.Januar 2011, ab 20.00 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus Bordenau. Thomas Manns humorvolle wie tiefgründige Auseinandersetzung mit diesem Werk in “Doktor Faustus” ist in die Literaturgeschichte eingegangen. Der Musiklehrer Adrian Leverkühns, Wendell Kretzschmar, spielt dieses Werk und erklärt dem Publikum in einem begeisterten, von Stottern unterbrochenem Vortrag die Hintergründe der Sonate. „...Nun, der Mann war imstande, eine ganze Stunde der Frage zu widmen, `warum Beethoven zu der Klaviersonate op. 111 keinen dritten Satz geschrieben habe`, - ein besprechenswerter Gegenstand ohne Frage... Jedoch lernten wir sie durch diese Veranstaltung eben kennen, und zwar sehr genau, da Kretzschmar sie auf dem recht minderen Pianino, das ihm zur Verfügung stand (ein Flügel war nicht bewilligt worden), vortrefflich, wenn auch mit schollerndem Klange, zu Gehör brachte, zwischendurch aber ihren seelischen Inhalt, mit Beschreibung der Lebensumstände, unter denen sie – nebst zwei anderen – verfasst worden, mit großer Eindringlichkeit analysierte und sich mit kaustischem Witz über des Meisters eigene Erklärung erging, warum er auf einen dritten, mit dem ersten korrespondierenden Satz hier verzichtet habe. Er hatte nämlich dem Famulus auf seine Frage geantwortet, daß er keine Zeit gehabt und darum lieber den zweiten etwas länger ausgedehnt habe...Die in solcher Antwort liegende Geringschätzung des Fragers war offenbar nicht bemerkt worden...“ Herzliche Einladung also zu einem literarisch-musikalischen Erklärungsversuch!


Peter Marggraf
667. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST

Hochverehrte Leserschaft!

Im Bordenauer Verlag von Peter Marggraf sind jetzt neue “Berichte aus der Werkstatt” erschienen, eine Zeitung der “San Marco Handpresse”. Sie erscheint in unregelmäßiger Reihenfolge, wird in der alten Rechtsschreibung gesetzt und beschäftigt sich mit Künstlerbüchern und mit Venedig, der alten Buchdruckerstadt. In der “San Marco Handpresse” werden seit mehr als zehn Jahren Bücher in Blei gesetzt, auf hundert Jahre alten Handpressen gedruckt und dann von Hand gebunden. Das kostet Zeit und ist sehr preiswert, weil der Leser ein richtig gutgemachtes Buch in Händen hält. Die neue Zeitung berichtet zum Beispiel über die neue Georg Trakl-Mappe von Peter Marggraf, mit Gedichten und Geschichten des Autors und verschiedenen Holzschnittdrucken im typischen Stil Marggrafs. Dazu ein ausführlicher Beitrag von Ria Endres über Leben, Werk und Wirkung Trakls mit dem Titel: “Wenn einem die Welt entzweibricht”, der zuerst in DIE ZEIT erschien. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Bericht über das Buch von Eva Taylor “Gartenarbeit” mit einer Radierung von Peter Marggraf. Neben dem “Venedig”-Bericht des türkischen Literaturnobelpreisträgers Orhan Pamuk finden sich weitere Gedichte und Texte weniger bekannter Autoren wie Oskar Ansull, Friederike Kohn und Hans Georg Bulla, der auch entscheidend an der Erstellung der Zeitung mitwirkte. Interesse? Sie bekommen die besondere kulturelle Zeitung kostenfrei beim Verlag und der BÜCHERBUDE BORDENAU auf der Bordernauer Straße 10, direkt in der Apotheke!


Wehrpflicht
666. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST

Hochverehrte Leserschaft!

Das Jahr beginnt für uns Bordenauer Leser mit einer besonderen Veränderung: der Aussetzung der Wehrpflicht. Was hätte unser Bordenauer Gerhard Scharnhorst dazu gesagt, der die Landesverteidigung durch die Söhne seines Landes wünschte, nicht durch Berufssoldaten, die es in der damaligen Zeit eben durch Söldner gab. Zitieren wir den Zeitgenossen Scharnhorsts, Immanuel Kant (1724 bis 1804) mit seinem philosophischen Entwurf: “Zum ewigen Frieden”, über den Friedrich Schlegel urteilte: “Der Geist, den die Kantische Schrift zum ewigen Frieden atmet, muss jedem Freunde der Gerechtigkeit wohltun, und noch die späteste Nachwelt wird auch in diesem Denkmale die erhabene Gesinnung des ehrwürdigen Weisen bewundern.” Kant machte in seiner Streitschrift ein paar besondere Vorschläge , wie man zum ewigen Frieden kommen könnte. Unter anderem schlug er vor: “Stehende Heere sollen mit der Zeit ganz aufhören. Denn sie bedrohen andere Staaten unaufhörlich mit Krieg durch die Bereitschaft, immer dazu gerüstet zu erscheinen, reizen diese an, sich einander in Menge der Gerüsteten, die keine Grenze kennt, zu übertreffen, und indem durch die darauf verwandten Kosten der Friede endlich noch drückender wird als ein kurzer Krieg, so sind sie selbst Ursache von Angriffskriegen, um diese Last loszuwerden; wozu kommt, dass zum Töten oder getötet zu werden in Sold genommen zu sein, einen Gebrauch von Menschen als bloßen Maschinen und Werkzeugen in der Hand eines andern (des Staats) zu enthalten scheint, der sich nicht wohl mit dem Rechte der Menschheit in unserer eigenen Person vereinigen lässt. Ganz anders ist es mit der freiwilligen, periodisch vorgenommenen Übung der Staatsbürger in Waffen bewandt, sich und ihr Vaterland dadurch gegen Angriffe von außen zu sichern.” Nun, die Welt ist komplizierter geworden, Kants aufklärerische Schrift hat noch keinen Krieg verhindert und auch in Deutschland bleiben es Bürger in Uniform, die im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung über Krieg und Frieden mitbestimmen können. Und lesen könnte man Kant immer mal wieder - als Aufruf und zur Ermahnung. In diesem Sinne: ein friedliches 2011!




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