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Alexander May
Der 'Kaiser' im BORDENAUER FAUST
„Lieber Herr Drebs, Sie dürfen mit mir
rechnen, falls die Welt sich noch dreht und ich lebendig bin“
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Mit Helene Köhler und Frauke Hohberger bei der Generalprobe
Mit Karl-Heinz Bolte und Frauke Hohberger
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ALEXANDER
MAY
wurde 1927 in Görlitz geboren; er
absolvierte nach dem Krieg die Düsseldorfer Schauspielschule - Leitung
Gustaf Gründgens -, war Regisseur, Dramaturg und Schauspieler an
verschiedenen Bühnen, ging 1960 von den Münchener Kammerspielen als
Redakteur zur Bavaria Filmgesellschaft, schrieb Fernsehspiele und
Unterhaltungssendungen und drehte Dokumentarfilme in Polen und
Jugoslawien.
Die Fünfziger Jahre verbrachte er an verschiedenen Theatern, ab 1959
war er Dramaturg an den Münchner Kammerspielen , anschließend Produzent
und Dramaturg (Bavaria) sowie Dozent für Filmdramaturgie beim D!FF
(Deutsches Institut für Film und Fernsehen)
Leitender Redakteur für Serien und Unterhaltung/ Wort (InterTel). Er
wirkte als freiberuflicher Autor, Regisseur und Schauspieler, bevor er
1978 Intendant und Geschäftsführer des Staats-schauspiels Hannover wurde
und dieses bis 1988 leitete. Alexander May verstarb am
2. Mai 2008 in Hannover.
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v.l.: Günter Jeschke, Horst Meister, Helene Köhler, Alexander May,
Frauke Hohberger, Karl-Heinz Bolte, Martin Drebs im Teil II, 1.Akt
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Einem
größeren Publikum ist er durch zahlreiche Film- und Fernsehrollen
bekannt; als Bischof in „Ansichten eines Clowns", für seine
schauspielerische Leistung in dem Film „Tätowierung"
erhielt er 1968 den Bundesfilmpreis, er spielte in Edgar Reitz`
„Zweite Heimat" ebenso mit wie in LORIOTs „Papa ante
Portas". 1993 erhielt er den Niedersächsischen Kunstpreis. |
Auch ein jüngeres Publikum kennt ihn aus der ZDF-Serie „Freunde fürs
Leben" und zahlreichen „Tatort"-Krimis. Er gibt Lesungen und
beteiligt sich an verschiedenen kulturellen Veranstaltungen; zuletzt beim BORDENAUER
FAUST als Kaiser.
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Alexander May - Porträt von Martin Drebs, 27.9.2000, Fotos:
Christoph Oppermann (3), Archiv
Begegnung in Bordenau: Der Meister
Reif und unverbraucht
Für gewöhnlich folgen Interviews einem einfachen Muster: Jemand fragt, ein
anderer antwortet, und das im Wechsel. Bei dem mit Alexander May geplanten
Gespräch galt dieses Schema nicht mehr. Das ist nicht gerade weltweit einmalig,
doch gewiss ungewöhnlich und eine Bemerkung wert. May hat ungestellte Fragen
beantwortet, aus der Unterhaltung zwischen Zeitungsmenschen und Theatermann ist
ein Monolog geworden, den der
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Über sein Engagement bei der Faust-Inszenierung: „Ich fand das schön, da
hat mich eine nette Stimme angerufen, eine Frauenstimme." „Ich freue
mich, dass es ist, wie es ist. Ist doch toll, ein ganzes Dorf liest Faust."
„Das ist Abwechselung, Erholung für mich, ich arbeite in vielen
Manegen." Beim ersten Brötchen mit Bismarckhering: „Dabei habe ich
einen Geschmack im Mund wie in der Schule, als uns von der Speisung der 5000
erzählt worden ist." Zu seiner Vita: „May ist 73 Jahre alt, fast unverbraucht in Gemüt und
Seele, nur der Körper nicht ganz. May kocht nicht, geht in Massalas Bistro essen. Seit 1978 lebt May in Hannover, war zehn Jahre Intendant, hatte
Erfolge und Misserfolge, immer eine Achterbahn. Alexander May will auf dem neuen
Nikolaifriedhof begraben werden. Er hat den Bundesfilmpreis bekommen, den
Kulturpreis des Landes Niedersachsen. Seine Anregung als Überschrift für den
Artikel: „Heringsbrötchen in Bordenau." Diesen
Wunsch haben wir Alexander May am vergangenen Montag bereits erfüllen
können.
Mays Motto: Manchmal schaukeln die Glocken die Glöckner. Alexander May tritt in der
Bordenauer Turnhalle bei der Generalprobe zur
Faust-Inszenierung ohne Allüren auf, laut ist er nicht, doch gut zu verstehen,
beim Spiel und der Diskussion um die Gestaltung ist er die natürliche
Autorität.
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Die jedoch lässt hinreichend Raum für die anderen Akteure und
Charaktere, weder seine Rolle noch seine Person dominieren die bizarr anmutende
Szenerie, in der zwischen Schwebebalken und Turnmatten Laien- und Schauspieler
die Dramen um Dr. Faustus einstudieren. Er ist einer von vielen Darstellern, die
morgen, Dienstag, eine einzigartige Aufführung wagen. Doch gewiss ist May der
routinierteste Akteur. Ein renommierter Schauspieler, der den Versuch
unterstützt, das wohl bekannteste deutsche - und schwer zu inszenierende -
Schauspiel an ungewöhnlicher Stelle vorzutragen. In der Turnhalle eines Dorfes
in Norddeutschland. Konkreter ist Hilmar Hoffmanns, Präsident des Goethes
Institutes, Ruf nach „Kultur für alle" wohl nicht zu realisieren.
CHRISTOPH OPPERMANN
Aus der Leinezeitung vom 2.10.2000
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