Einladung zu einer besonderen Veranstaltung
Zeit ohne ZeitDas Merkmal des zivilisierten Menschen: Er hat keine Zeit. Statt dessen hat er eine Uhr. Nicht nur eine. Er lebt zwischen den Uhren, mit den Uhren, gegen die Uhren. Er trägt sie nicht mehr in der Weste, braucht nicht Rock noch Mantel aufzuknöpfen. Er hat sie an der Hand, in der Hand. Außerdem auf dem Schreibtisch, auf der Straße, im Auto, auf dem Nachttisch, überall. Nur nicht im Kopf. Ohne Uhr wüßten wir nicht, ob wir Hunger haben, ob wir müde sind. Das Zeitgefühl ist uns im Drang der Zeit abhanden gekommen. Der Urmensch hatte Zeit, aber er wußte nichts davon. Wir Uhrmenschen wissen darum und haben die Uhren erfunden, die uns unsere Zeit in Scheiben schneiden, ein Scheibchen hierfür, ein Scheibchen dafür, recht viele und recht dünne, wie man es bei Hartwurst macht, wenn sie lange reichen soll. Die dünnen Blättchen schmecken nicht, in Wurst muß man hineinbeißen können. Mit der Zeit ist es ebenso. Alle Uhren sind grausam. Das ist ihr Beruf. Die Normaluhr zeigt uns, wie lange wir vergeblich warten; die Turmuhr teilt unsere schlaflosen Nächte in Viertelstunden; der Wecker schluckt hysterisch die Sekunden und zerreißt unseren Schlaf, wenn er am schönsten ist; an der Bahnhofsuhr sehen wir, wieviel Minuten wir zu spät kommen; die Standuhr mit ihrem ernsten Tick und Tack ruckt unerbittlich unser Leben vorwärts. Die Taschenuhr, dies kleine heimtückische Ding, hat es darauf abgesehen, unsere Stunden heimlich-leise zu morden. Zu diesem Zweck hat sie drei Zeiger von unterschiedlichem Temperament. Der zarte Kleine hopst und springt und macht Radau, und bringt es doch zu nichts. Wir brauchen ihn nicht, wenn wir die Zeit ablesen, und die Damen verzichten auf den Hoppeditz. Der schmale Lange geht schweigend seinen Weg. Man kann ihn kriechen sehen, von Strich zu Strich. Aber es sind nur kleine Minuten, man kann sie verschmerzen. Der Kurze mit dem dicken Bauch aber ist voll Niedertracht. Er ist es, der die Stunden tötet. Man merkt es ihm nicht an, er läßt sich nicht erwischen. Wenn er sich beobachtet fühlt, steht er still und stellt sich tot. Kaum hat man ihm den Rücken gewendet, springt er mit boshafter Geschwindigkeit von Ziffer zu Ziffer und frißt unsere Stunden. Die schönen am schnellsten, sie schmecken ihm am besten. Ich wünsche dir ZeitIch wünsche dir nicht alle möglichen Gaben. Ich wünsche dir Zeit, für dein Tun und dein Denken, Ich wünsche dir Zeit, nicht nur so zum Vertreiben. Ich wünsche dir Zeit, nach den Sternen zu greifen. Ich wünsche dir Zeit, zu dir selber zu finden, Mit freundlicher Genehmigung der LEINE-ZEITUNG vom 8.1.2000 Alles dreht sich um ZeitZeit für die Familie, die Nachbarn oder den
Sonntag: „Ich möchte, dass die Menschen aufmerksam die unterschiedlichen
Zeiten erkennen", sagt Martin Drebs aus Bordenau. Für den 46-jährigen
Wort-Künstler und Chef der Initiative „Bordenau - Unser Dorf liest" wird
es tatsächlich Zeit, Zeit für die Generalprobe. Denn für morgen, Sonntag, 16
Uhr, lädt er ein ins Bordenauer Dorfgemeinschaftshaus zu einer musikalisch-literarischen
Veranstaltung zum Thema:
Einladung im Dezember 1999Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte Sie noch in diesem Jahrtausend auf eine besondere Veranstaltung hinweisen, die im Rahmen des Projekts „Bordenau – Unser Dorf liest" am Sonntag, dem 9. Januar 2000, um 16.oo Uhr mit dem Titel : Es wird ZEIT..." das Thema ZEIT literarisch-musikalisch behandeln wird: Im Zentrum steht die Komposition „Deo Volente" des Neustädter Musiklehrers Jòn Tanbur, vielen schon bekannt aus Kompositionen für den Theaterverein Otternhagen: sie fusst auf der Idee, Zeit als eine Konstituente der Musik erfahrbar zu machen. Ein hochkarätiges Ensemble wird dieses Werk zur Aufführung bringen. Der Komponist gibt dazu themenbezogene Einführungshinweise. Das Klavier sponsert das Neustädter Musikhaus Nagel. Mitglieder der Initiative „Bordenau – Unser Dorf liest" werden verschiedene Texte zum Thema ZEIT vorlesen, u.a. Thomas Manns „Exkurs über den Zeitsinn" aus dem Zauberberg und Johann Peter Hebels „Unverhofftes Wiedersehn" aus dem „Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes". Die Geschichte schildert mit ergreifenden Worten das unverhoffte Wiedersehn einer mittlerweile 8ojährigen Braut mit ihrem eine Woche vor der Hochzeit im Bergwerk verschütteten Bräutigam. Sie erkennen diese außergewöhnliche Veranstaltung auch daran, dass Sie als Besucher eigene Uhren mitbringen und über deren Bedeutung sprechen können. So soll die Veranstaltung – wenn wir uns denn noch wiedersehn im nächsten Jahrtausend – zu einem hoffnungsvollen Zeitverständnis anregen. Der Vorverkauf der Karten für 15,-DM beginnt demnächst bei POST-Bittner und
bei mir. Mit freundlichen Grüssen
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