Es wird ZEIT..."

Das Thema ZEIT literarisch- musikalisch
am Sonntag, dem 9. Januar 2000, um 16.oo Uhr
im Dorfgemeinschaftshaus Bordenau

Einladung zu einer besonderen Veranstaltung
"Alles dreht sich um Zeit"  - Ankündigung in der LEINE-ZEITUNG
"Ich wünsche dir Zeit", ein Gedicht von Elli Michler

"Zeit ohne Zeit" von Heinrich Spoerl

Deo Volente von Jon Tanbur (Ausschnitt, MP3, ca. 1.2 MB)

Projektleiter von „Bordenau – Unser Dorf liest" Martin Drebs (stehend) referiert amüsant über die verschiedenen Aspekte der Zeit, während Andrea Behr-Brüggemann, Leni Höyns, Vera Urich und Waltraud Nagel (von links) auf ihre heiteren Einsätze zum Thema warten.
Ein hochkarätiges Ensemble von Lehrkräften der Musikschule Neustadt am Rübenberge führte die anspruchsvolle , handwerklich hervorragend komponierte und beim Publikum nicht unumstrittene Komposition auf. Von links: Carola Faber streicht das Cello, Matthias Kotucha und Musikschuldirektor Johannes Faber spielen Gitarre, Gunnar Hoppe bedient das Schlagzeug, Kirsten Hake bläst die Querflöte und Bettina Thimm (nicht im Bild) spielt das Klavier.   

 

Jon Tanbur alias Gerhard Schmidt, 35jähriger Musiker und Komponist mit Lehrauftrag an der Musikschule Neustadt am Rübenberge, schuf mit seiner Komposition „Deo Volente" ein Stück über die Zeit in der Musik und machte mit besonderen Effekten für die Zuhörer Zeit erlebbar.

Die Partitur von „Deo Volente"  zeigt die komponierten Zeitstrukturen selbst wie ein ausgeklügeltes Uhrwerk an.

Hören Sie hinein in das außergewöhnliche Musikstück, bei dem eine thematische Sprechperformance von Mitgliedern des Projekts „Unser Dorf liest" integriert wurde. 

(Sie können das Stück hören, wenn ein MP3-Player  auf Ihrem Computer installiert ist) 

Als die Musiker und Sprecher nach dem letzten Takt regungslos verharren, scheint die Zeit tatsächlich stillzustehen. Fast zwei Minuten vergehen in scheinbar zeitloser Stille, bevor das Publikum den Künstlern den verdienten Applaus spendet.   
Andrea Behr-Brüggemann, jüngstes Mitglied der Initiative, liest ein Stück aus Michael Endes „Momo". Darin drohen die grauen Herren von der Zeitsparkasse damit, den Menschen die Zeit zum Leben zu stehlen.

 

 

Vera Urichs Beitrag von Heinrich Spoerl über die zeitfressenden Uhren steigerte sich zur mitreißenden theatralischen Darbietung. 

Klicken Sie hier, um den Text von Heinrich Spoerl zu lesen.

Als besonderen Gast konnten die Veranstalter den indischen Literaturprofessor Amitava Hazra aus Kalkutta begrüßen, hier im Gespräch mit Ingrid Fischer-Kumbruch, die den Professor an den folgenden Tagen mit Bordenaus Geschichte vertraut machen sollte.
Die über 60 Besucher dieser besonderen Veranstalter haben es sicher nicht bereut, dass sie sich an diesem Nachmittag "Zeit genommen hatten ... ".
(de)

Fotos: Klaus Detering (9)


Heinrich Spoerl

Zeit ohne Zeit            

Das Merkmal des zivilisierten Menschen: Er hat keine Zeit.

Statt dessen hat er eine Uhr.

Nicht nur eine. Er lebt zwischen den Uhren, mit den Uhren, gegen die Uhren. Er trägt sie nicht mehr in der Weste, braucht nicht Rock noch Mantel aufzuknöpfen. Er hat sie an der Hand, in der Hand. Außerdem auf dem Schreibtisch, auf der Straße, im Auto, auf dem Nachttisch, überall. Nur nicht im Kopf. Ohne Uhr wüßten wir nicht, ob wir Hunger haben, ob wir müde sind. Das Zeitgefühl ist uns im Drang der Zeit abhanden gekommen. Der Urmensch hatte Zeit, aber er wußte nichts davon. Wir Uhrmenschen wissen darum und haben die Uhren erfunden, die uns unsere Zeit in Scheiben schneiden, ein Scheibchen hierfür, ein Scheibchen dafür, recht viele und recht dünne, wie man es bei Hartwurst macht, wenn sie lange reichen soll. Die dünnen Blättchen schmecken nicht, in Wurst muß man hineinbeißen können. Mit der Zeit ist es ebenso.

Alle Uhren sind grausam. Das ist ihr Beruf. Die Normaluhr zeigt uns, wie lange wir vergeblich warten; die Turmuhr teilt unsere schlaflosen Nächte in Viertelstunden; der Wecker schluckt hysterisch die Sekunden und zerreißt unseren Schlaf, wenn er am schönsten ist; an der Bahnhofsuhr sehen wir, wieviel Minuten wir zu spät kommen; die Standuhr mit ihrem ernsten Tick und Tack ruckt unerbittlich unser Leben vorwärts. Die Taschenuhr, dies kleine heimtückische Ding, hat es darauf abgesehen, unsere Stunden heimlich-leise zu morden.

Zu diesem Zweck hat sie drei Zeiger von unterschiedlichem Temperament. Der zarte Kleine hopst und springt und macht Radau, und bringt es doch zu nichts. Wir brauchen ihn nicht, wenn wir die Zeit ablesen, und die Damen verzichten auf den Hoppeditz.

Der schmale Lange geht schweigend seinen Weg. Man kann ihn kriechen sehen, von Strich zu Strich. Aber es sind nur kleine Minuten, man kann sie verschmerzen.

Der Kurze mit dem dicken Bauch aber ist voll Niedertracht. Er ist es, der die Stunden tötet. Man merkt es ihm nicht an, er läßt sich nicht erwischen. Wenn er sich beobachtet fühlt, steht er still und stellt sich tot. Kaum hat man ihm den Rücken gewendet, springt er mit boshafter Geschwindigkeit von Ziffer zu Ziffer und frißt unsere Stunden. Die schönen am schnellsten, sie schmecken ihm am besten.


Elli Michler

Ich wünsche dir Zeit

Ich wünsche dir nicht alle möglichen Gaben.
Ich wünsche dir nur, was die Meisten nicht haben.
Ich wünsche dir Zeit, dich zu freuen und zu lachen,
und wenn du sie nutzt, kannst du etwas draus machen.

Ich wünsche dir Zeit, für dein Tun und dein Denken,
nicht nur für dich selbst, sondern auch zum Verschenken.
Ich wünsche dir Zeit, nicht zum Hasten und Rennen,
sondern die Zeit zum Zufriedenseinkönnen.

Ich wünsche dir Zeit, nicht nur so zum Vertreiben.
Ich wünsche, sie möge dir übrigbleiben.
Als Zeit für das Staunen und Zeit für Vertrauen,
anstatt nach der Zeit auf die Uhr zu schauen.

Ich wünsche dir Zeit, nach den Sternen zu greifen.
Und Zeit um zu wachsen, das heißt, um zu reifen.
Ich wünsche dir Zeit um zu hoffen, zu lieben.
Es hat keinen Sinn diese Zeit zu verschieben.

Ich wünsche dir Zeit, zu dir selber zu finden,
jeden Tag, jede Stunde das Glück zu empfinden.
Ich wünsche dir Zeit, auch um Schuld zu vergeben.
Ich wünsche dir: Zeit zu haben zum Leben.


Mit freundlicher Genehmigung der LEINE-ZEITUNG vom 8.1.2000 

Alles dreht sich um Zeit

Zeit für die Familie, die Nachbarn oder den Sonntag: „Ich möchte, dass die Menschen aufmerksam die unterschiedlichen Zeiten erkennen", sagt Martin Drebs aus Bordenau. Für den 46-jährigen Wort-Künstler und Chef der Initiative „Bordenau - Unser Dorf liest" wird es tatsächlich Zeit, Zeit für die Generalprobe. Denn für morgen, Sonntag, 16 Uhr, lädt er ein ins Bordenauer Dorfgemeinschaftshaus zu einer musikalisch-literarischen Veranstaltung zum Thema:
„Es wird Zeit..."
Auf den Punkt bringen will der Wort-Künstler sein Anliegen vor allem durch ein Musikstück mit dem Titel „Deo Volente" aus der Feder von Gerhard Schmitt. Die Komposition des Neustädter Musiklehrers, Künstlername Jon Tanbur, erlebte seine Uraufführung zwar bereits vergangenes Jahr im
Schloss Landestrost, doch diesmal erwartet die Besucher eine neue Variante. „Sprechvorgänge sollen Hetze, Ruhe und andere Zeitvorgänge deutlich machen", erzählt Drebs. Johannes Faber und Matthias Kotucha spielen Gitarre, Bettina Thimm greift in die Tasten, Gunnar Hoppe wirbelt mit dem Schlagwerk, Carola Faber streicht das Cello und Kirsten Hake bläst die Querflöte. „Dazu kommt ein elektronisches Beiwerk, das von einem Zufallsgenerator gesteuert wird", verrät Schmitt. Einige Töne will er bewusst dem Zufall überlassen. „Durch das Mitwirken der Elektronik hat das Hand und Fuß."

Um das abstrakte, ungewöhnliche Programm abzurunden, lesen Mitglieder der Bordenauer Schmöker-Initiative Texte zum Thema „Zeit" von Thomas Mann und Johann Peter Hebels, mü

 

 

Zeitlos in Bordenau: Gerhard Schmitt alias Jon Tanbur (links) und Martin Drebs

Foto: Münch 


Einladung im Dezember 1999

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte Sie noch in diesem Jahrtausend auf eine besondere Veranstaltung hinweisen, die im Rahmen des Projekts „Bordenau – Unser Dorf liest" am Sonntag, dem 9. Januar 2000, um 16.oo Uhr mit dem Titel : Es wird ZEIT..."

das Thema ZEIT literarisch-musikalisch behandeln wird: Im Zentrum steht die Komposition „Deo Volente" des Neustädter Musiklehrers Jòn Tanbur, vielen schon bekannt aus Kompositionen für den Theaterverein Otternhagen: sie fusst auf der Idee, Zeit als eine Konstituente der Musik erfahrbar zu machen.

Ein hochkarätiges Ensemble wird dieses Werk zur Aufführung bringen.

Der Komponist gibt dazu themenbezogene Einführungshinweise.

Das Klavier sponsert das Neustädter Musikhaus Nagel.

Mitglieder der Initiative „Bordenau – Unser Dorf liest" werden verschiedene Texte zum Thema ZEIT vorlesen, u.a. Thomas Manns „Exkurs über den Zeitsinn" aus dem Zauberberg und Johann Peter Hebels „Unverhofftes Wiedersehn" aus dem „Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes". Die Geschichte schildert mit ergreifenden Worten das unverhoffte Wiedersehn einer mittlerweile 8ojährigen Braut mit ihrem eine Woche vor der Hochzeit im Bergwerk verschütteten Bräutigam.

Sie erkennen diese außergewöhnliche Veranstaltung auch daran, dass Sie als Besucher eigene Uhren mitbringen und über deren Bedeutung sprechen können.

So soll die Veranstaltung – wenn wir uns denn noch wiedersehn im nächsten Jahrtausend – zu einem hoffnungsvollen Zeitverständnis anregen.

Der Vorverkauf der Karten für 15,-DM beginnt demnächst bei POST-Bittner und bei mir. 

Mit freundlichen Grüssen 
Ihr Martin Drebs

 


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