Der Bordenauer Hochwassersteg wurde
1995 abgebrochen
Haben Sie noch alte Fotos vom Steg aus der Zeit vor 1995 ? Wir würden
sie gerne an dieser Stelle veröffentlichen. Bitte
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Im Zuge des Neubaus der Brücke über die „Alte
Leine“ ist im Frühjahr 1995 auch eine Bordenauer Besonderheit, die bei
Hochwasser der Leine den Ort durch die Medien weit über die Grenzen des
Landkreises Hannover bekannt gemacht hat, abgebrochen worden, nämlich der
400 m lange Hochwassersteg. |
1993. Die Leine konnte auch bei Hochwasser überquert
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Während bei einem Wasserstand der Leine von etwa
4,30 m die Straße von Bordenau zur K 333 (Neustadt – Wunstorf) überschwemmt
und für den Verkehr gesperrt wird, konnten Fußgänger bis zu dem o.g.
Zeitpunkt den Hochwassersteg benutzen. Sie bewegten sich dann oft nur
wenige Zentimeter über dem rauschenden Wasser. Besonders an Wochenenden
war der Steg dann Anziehungspunkt für viele Spaziergänger und
vorbeikommende Autofahrer. Vom Steg konnte man gut die ringsum überschwemmten
Wiesen und Weiden überblicken und wenige Meter entfernt an dem von den
Wassermassen eingeschlossenen Fährhaus vorbeigehen.
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Der Hochwassersteg war im Winter 1927/28 mit einem
Kostenaufwand von rd. 12.000 Mark von der Wunstorfer Zementfabrik
errichtet worden. An gleicher Stelle hatte zuvor ein um einiges
niedrigerer und schmalerer Steg gestanden, der schon bei leichtem
Hochwasser überflutet war. Dann konnten die Arbeiter aus Bordenau sowie
die Schulkinder aus Poggenhagen, die bis zum 31.03.1929 die Schule in
Bordenau besuchen mussten, oftmals ihre Arbeitsstätten bzw. die Schule
nicht erreichen.
Am 07.02.1928 trug der damalige Bordenau Pastor Erich
Wecken in des Kirchenbuch ein:
„(Ende 1927) war der Frost scharf, bis – 20° C,
hörte aber früh auf. Weihnachten großer Dreck, seitdem nur noch dann
und wann leichter Frost. Der neue ca. 400 m lange massive Hochwassersteg mit festem Geländer ist fertig; nun gibt`s kein
Hochwasser!“
Schon zehn Jahre später, im Jahre 1938, beklagte
sich der Bordenauer Lehrer Wilhelm Grelle als Sprecher der Bürgerschaft
Bordenau bei der Wegebauverwaltung in Neustadt darüber, dass der Steg
„in seinem jetzigen Zustande eine Gefahr für die Fußgänger“
darstelle. Er schrieb u.a.:
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„Unsere Arbeiter und Beamten benutzen fast alle auf
ihrem Weg zur Arbeitstätte ein Rad oder Motorrad. Sie müssen dann ihr
Vehikel tragend, schiebend oder selbst fahrend über den Steg bringen. ...
Begegnen sie nun auf dem schmalen Steg einem Fußgänger ohne oder sogar
mit einer Traglast, dann spielt sich – und das ist meist an den ...
engen Stellen der Fall – ein gefährliches Ausweichen statt. Wer hat das
Vorrecht? Danach wird nicht gefragt. Solange das Eisengeländer fest war,
konnte man mit einiger Sicherheit sich daran festhalten; nun aber ist es
rostig und brüchig. Wer bürgt dafür, daß kein Unfall sich ereignet?“
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Der Steg 1988. Im Hintergrund die Leinebrücke und das Dorf.
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Grelle schlug außerdem vor, an ein oder zwei Stellen des Steges
Ausweichstellen zu schaffen und unmittelbar hinter der „Alten Leine“
eine Treppe anzulegen, die nach dem Fallen des Wassers wieder entfernt
werden könnte. Auch müsste der Steg bei der heute noch stehenden dicken
Eiche etwas verbreitert werden, damit hier ein sicheres Vorbeikommen möglich
sei.
„Die Wegebauverwaltung würde sich den Dank der
Bordenauer,
Frielinger und selbst Osterwalder Arbeiterschaft und Bewohner erwerben,
wenn sie diese Verkehrssicherheiten schaffen würde.“
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Der Hochwassersteg 1988. Er lag bis zu 1,50 m über
Straßenniveau.
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Die
Verwaltung hatte ein Einsehen und ließ alle von Grelle geforderten
Arbeiten ausführen. Dabei nahm sie auch auf die Belange des Natur- und
Landschaftsschutzes Rücksicht, denn sie schreibt am 05.12.1938:
„Die ca. 1,10 m im Durchmesser starke Eiche
paßt sich in die Landschaft gut ein. Es wäre sehr schade, diesen Baum
umzulegen“.
Die
Ausweichstelle wurde, um Eisen zu sparen, aus Holz gebaut. Die Ausführung
dieser Arbeit lag in den Händen des Schmiedemeister Hagedorn in Bordenau.
Die Kosten dafür beliefen sich laut Angebot vom 21.11.1938 auf rd. 350
RM.
Von
der Bordenauer Seite her betrat man den Steg über eine kleine Treppe, während
er auf Poggenhagener Seite ebenerdig auslief. Der Steg bestand aus einer
mit Stahl eingefassten Betonplatte von ca. 60 cm Breite und 15 cm Dicke.
Er stand auf rd. 60 Betonsockeln mit einem Bein bzw. zwei Beinen. Seine
größte Höhe über der Straße betrug 1,50 m. In Höhe des Fährhauses
war der Steg in einer Breite von rd. 5 m aus Holz hergestellt. Er ließ
sich an dieser Stelle wie ein Tor aufklappen, um den Landwirten die
Durchfahrt zu ihren dahinter liegenden Wiesen zu ermöglichen.
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Der Steg zum Fährhaus während des Januar-Hochwasser 2003 (zum
Vergrößern anklicken)
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So
ganz brauchen die Bordenauer aber auch heute noch nicht auf ihren
Hochwassersteg zu verzichten. Dabei handelt es sich jedoch aber nur um
eine Mini-Ausfertigung aus Holz, die zudem der Öffentlichkeit nicht zugänglich
ist. Errichtet ist er von den Bewohnern des Fährhauses, damit sie bei
Hochwasser ihr Grundstück immer trockenen Fußes erreichen können.
Text:
Claus-Dieter Gelbke, Bordenauer Chronik
Fotos: Claudia Stolte,
zum Vergrößern anklicken |
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