Die durchaus berechtigten und längst überfälligen Forderungen eines Kinder- und Jugendbuchschriftstellers
Deshalb fordere ich: 1. Gut bezahlte Auftritte in Talk- und Game-Shows - in jeder Talkrunde muss mindestens ein Kinder- und Jugendbuchschriftsteller Präsenz zeigen, Mario Giordano äußerst sich zum Problem des Hundekots in den Hamburger Docks, Dietlof Reiche spricht über Tierversuche in der Computerindustrie und ich selber bin gern bereit, vor laufenden Kameras genauso dürftig Fußball zu spielen wie viele Fußballspieler dürftige Sätze stottern... 2. Ganzseitige Hochglanz-Interviews und regelmäßige Erwähnung in der Boulevardpresse sowie in entsprechenden Small-Talk-Spalten - ein Mann: Henning Pawel, eine Frau: Martina Dierks; Ulli Schubert beim Sektempfang mit Prinzessin Caroline gesehen (und später von Welfenprinz Ernst-August mit Regenschirm verprügelt)... 3.
Inhaltslose
Fernseh-Werbeauftritte für viel Geld - Herbert Friedmann und Wolfgang Pauls
trinken Jägermeister, Jürgen Banscherus zeigt Christa Zeuch die längste
Praline der Welt, Klaus-Peter Wolf „ist schon drin“...
4.
Regelmäßige
Glossen und Kolumnen in Tageszeitungen, Wochen- und Monatszeitschriften -
Cornelia Franz über die Warteschlange an der Supermarktkasse, die grundsätzlich
die längste ist, Wolfram Eicke über die U-Bahn, die immer genau dann losfährt,
wenn er gerade um die Ecke kommt, Kirsten Boie über den Kindergeburtstag bei
McDonalds, der in die Hose gegangen ist (und falls einer keine Glossen und
Kolumnen schreiben kann, macht das gar nichts und wäre im schlimmsten Fall eben
einfach nicht von den meisten, bislang üblichen zu unterscheiden)... 5.
Regelmäßige
VIP-Auftritte in Vorabendserien und Soap-Operas - Anne Steinwart als
Taxifahrerin in GZSZ, Andreas Schlüter als Leibwächter (ebenda), Klaus Meyer
sitzt mit Kanzler Schröder zufällig in Daniels Bar (dito)... 6.
Sponsoring durch
finanzkräftige Partner der Wirtschaft - Herbert Günther federt auf
Reebok-Turnschuhen in seine Lesungen, Margret Steenfatt weist vorab auf ihren
mit Perwoll gewaschenen Flausch-Pullover hin und Volkmar Röhrig trinkt öffentlich
Hasseröder oder (je nach Altersgruppe) Punica... 7.
Ausgefeilte
Merchandising-Maßnahmen zur generellen Imagebildung - Achim-Bröger-Porträts
auf Zahnputzbechern, Badetüchern und Kopfkissen, Textzitate von Nevfel A.
Cumart auf T-Shirts und Regenjacken und einen Golf „Karlhans Frank“ als
Nachfolgemodell für den „Rolling Stones“... 8.
Indirekte, aber
hoch bezahlte Produktwerbung in Text und Bild von Kinder- und Jugendromanen -
bei Sabine Jörg werden die Zähne nur mit Colgate geputzt, bei Wilfrid Grote
nur mit Blend-A-Med und bei Sigrid Zeevaert ausschließlich mit Sensitive;
vorstellbar wären zweifellos auch Dialoge wie: Mein Vater fährt nur Mercedes.
- Was? Ist der blöd? Weiß der nicht, dass die dauernd umkippen? Mercedes ist
Scheiße, Mann, du musst BMW fahren! (oder umgekehrt, je nachdem, wer besser
bezahlt)... 9.
Verschiedene
Sofort-Maßnahmen zur Image-Verbesserung wie die Benennung von Straßen, Wegen
und Plätzen in bevorzugter Wohnlage nach Kinder- und Jugendbuchautoren -
Doris-Meißner-Johannknecht-Weg, Dirk-Lornsen-Straße, Prof.-Dr.-Joachim-Friedrich-Allee... 10. Weitere Maßnahmen wie Autorenporträts auf Litfaßsäulen, Linienbussen und als umlaufende Bandenreklamen in Fußballstadien sollten sich von selbst verstehen, ebenso wie publikumswirksame Ablösesummen bei Verlagswechsel sowie Weihnachts- und Urlaubsgeld aus Toto-Lotto-Kassen und ähnliches mehr, auch eine Art „Deutsche Sportlerhilfe“ für Kinder- und Jugendbuchautoren wäre grundsätzlich erwägenswert... PS. Keiner der beispielhaft genannten Kollegen ist über die Nennung seines Namens informiert. Also kann auch keiner zugestimmt haben. Ich hoffe dennoch, sie werden mir „um der guten Sache willen“ verzeihen und sich nicht auf den Schlips getreten fühlen... Wolfram Hänel
Die Kurzfassung des Textes erschien als Gastkommentar in der Kolumne der Neustädter Zeitung am 28.2.2001
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