Brückenfest am 23. September 2007 - Die neue Brücke wird gefeiert
- und 100 Jahre Leinequerung
Eine Nachlese von Peter Breitenstein
Historische Gewänder lustwandeln über die Brücke
Eine festliche Brücke voller Bordenauer.
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Eines steht fest: Das Brückenfest war ein toller,
von vielen Skeptikern nicht für möglich gehaltener Erfolg. Dem
herrlichen Sonnenwetter, den Veranstaltern, Musikzügen und -gruppen und
den zahlreichen Besuchern sei Dank. Doch klingen am Rande merkwürdige Töne
nach, die es noch zu kommentieren gilt.
„Könn’n die denn nich deutsch singen?“ war
gelegentlich zu hören, als z.B. der Gospelchor auftrat. „Könn’se,
tun se aber nich, guter Mann!“ könnte eine Antwort sein. Der Gospel ist
eine individuelle Musikform aus dem frühen Amerika und wurde dort mit
viel Leidenschaft und getragen von tiefer Religiosität von
afroamerikanischen Sklaven gesungen, und darum hat er herzlich wenig mit
der deutschen Sprache zu tun. Demzufolge singen auch bei uns die Gospelchöre,
die sich übrigens nicht nur in Kirchenkreisen großer Beliebtheit
erfreuen, in der Regel traditionelle Gospels in deren ureigener Sprache, nämlich
in Englisch.
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Mario Bethge hat gut lachen: Seine Brücke ist planmäßig fertig geworden
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So weit die Sprache! Ein anderer Grund, die Darbietung des Chores „Nameless
Voices“ negativ zu betrachten war der, dass man sich schon sehr
anstrengen musste, um die Stimmen der Sängerinnen und Sänger gut hören
zu können. Das ist ausnahmsweise mal richtig, trifft in seiner Kritik
aber nicht den Kern der Sache. Denn erstens ist es nicht einfach, außerhalb
geschlossener Räume mit menschlichen Stimmen einen voll tönenden Klangkörper
zu bilden und zweitens sind wir beim Brückenfest in Bordenau nicht beim
Fernsehen, wo alles mit entsprechender Technik, Professionalität und
bezahlt von Fernsehgebühren produziert wird. Der Gospelchor verfügt
weder über die Geldmittel, um sich mit Mikrofonen, Verstärkeranlage und
eigenem Tontechniker in der Öffentlichkeit zu präsentieren, noch sind
die Mitglieder derart routinierte Sänger, dass sie bei einer solchen
Veranstaltung ohne Lampenfieber ins Rennen gehen. Und sollte bei dem einen
oder anderen der Eindruck entstanden sein, dass – wie zu vernehmen war
– die Chorleiterin sich zu sehr in den Vordergrund gespielt hätte, dann
möge der- oder diejenigen bitte beim nächsten Mal an Stelle von Dörthe
Wehner als Conferencier auftreten! |
Über Toleranz lässt sich nur dann streiten, wenn man selbst – wie im
erlebten Falle – bereit ist, den Musikgeschmack anderer zu akzeptieren.
Für die einen waren die Darbietungen der Dorfmusikanten einer der
Glanzpunkte des Festes, für die anderen war die Rockband um Ralf Günther
das Highlight. Doch anders als die Liebhaber der Rockmusik, die sich auch
über die volkstümliche Musik gefreut haben und nicht davongelaufen sind,
suchten die selbstgerechten Vertreter der Volksmusik bei den ersten Takten
der Rockband protestierend ihr Heil in der Flucht: Zu laut, zu englisch
und zu undeutsch. Dabei sollten die Kritiker bedenken, dass man sich mit
solchen Äußerungen leicht in einer ganz und gar falschen Ecke
wiederfindet. |
Die ersten Autos passieren im Spalier der Kinder
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Für diejenigen, die es noch immer nicht wahr
haben wollen: Mit dem Brückenfest 2007 wurde das einhundertste Jahr nach dem Bau der Brücke gefeiert und
der fand zweifellos im Jahr 1907 statt. Im Originaltext des Vertrages vom 29. April 1907 mit der
„Wunstorfer Cementindustrie“ heißt es wörtlich: „Die Unternehmerin
verpflichtet sich, die übernommenen Arbeiten ... so zu betreiben, daß
dieselben am 1. November 1907 beendet sind, ...“ Und weiter heißt es:
„Bei Überschreitung der Frist ... verwirkt die Unternehmerin für jeden
Tag der Verspätung eine Konventionalstrafe von 20 Mark“ Über die
Abrechnung einer Konventionalstrafe wurde bislang jedoch nichts im
Regionsarchiv gefunden. Die Straßendecke („Chaussierung“), das mag
stimmen, wurde dann erst in 1908 aufgezogen. Ob Kaiser Wilhelm II.
anwesend war oder nur Kaiser’s Kaffee ausgeschenkt wurde ist leider
nicht überliefert. Deshalb sollte Bordenau sich mit Spitzfindigkeiten
dieser Art die Freude an seinem Brückenfest auch im Nachhinein nicht
streitig machen lassen. Es mag im allgemeinen Trubel untergegangen sein,
dass Wunstorf seinen Stellvertretenden Bürgermeister, Herrn Brüning mit
Gattin, eigens zum Brückenfest gesandt hat, während man in Neustadt
sicher Wichtigeres zu erledigen hatte. Es reichte nicht einmal zu einem
Stellvertreter.
Schade eigentlich!
So haben es dann auch die Mitglieder des
Festkomitees empfunden, die monatelang für das Gelingen dieses Festes
gearbeitet, gebangt und ihre Freizeit geopfert haben.
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Harry Piehl, Uwe Sternbeck (Bürgermeister Neustadt), Gerald Roloff
(Region Hannover), Klaus Hendrian (Poggenhagen), von links
Die letzte von vier Absperrungen wird an der Ecke Bordenauer Straße und
Steinweg entfernt
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Text und Fotos: Peter Breitenstein
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